Die Durchsetzungsinitiative verstösst gegen das Gebot der Menschlichkeit

Die Durchsetzungsinitiative stellt sich gegen elementare Rechte, die allen Bewohnerinnen und Bewohnern unseres Landes zustehen, egal ob Schweizer oder Ausländer: Das Recht, angehört zu werden, die Prüfung der Verhältnismässigkeit und die Berücksichtigung des Grads des Verschuldens. Die Folgen der Initiative lassen sich am besten an konkreten Beispielen aufzeigen. Nachfolgend fünf Szenarien, wie Ausländerinnen und Ausländer wegen Bagatelldelikten die Ausweisung zu befürchten haben.
  1. Der seit Jahrzehnten in der Schweiz wohnhafte Amerikaner Dave wurde vor 7 Jahren wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu einer Geldstrafe verurteilt. Inzwischen 65 geworden, erfährt er, wegen einer Beitragslücke keine AHV-Vollrente zu erhalten, obwohl er jahrzehntelang hohe Beiträge abgeliefert hat. Im Zorn über die vermeintliche Ungerechtigkeit stösst er gegen einen Beamten eine Drohung aus. Obwohl nur zu einer bedingte Geldstrafe verurteilt, müsste Dave die Schweiz automatisch verlassen. Dass er sich von seiner Schweizer Ehegattin, von seinen Kindern und Grosskindern trennen müsste, spielte so wenig eine Rolle wie der Umstand, dass er in seinem Herkunftsland weder über verwandtschaftliche noch soziale Beziehungen verfügt und wahrscheinlich vereinsamen würde.
  2. Der in der Schweiz geborene und aufgewachsene Portugiese Amilcar wurde im Alter von 19 Jahren wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand bestraft. Neun Jahre später wird er in eine Schlägerei verwickelt. Weil dabei jemand verletzt wurde, werden alle Beteiligten wegen Raufhandels mit einer Geldstrafe belegt. Als Einziger der Teilnehmer müsste Amilcar das Land automatisch verlassen. Dass damit entweder seine junge Familie auseinander gerissen würde oder aber auch seine Ehefrau, wenn sie ihn begleitet, ihren Job verlieren würde, wäre unerheblich.
  3. Der in der Schweiz geborene und aufgewachsene Engländer John wurde als junger Erwachsener wegen Haltens einer Haschischpflanze bestraft. Jahre später macht er sich einer einfachen Körperverletzung schuldig. Da es sich um einen leichten Fall handelt, kommt er mit einer Busse davon. Dennoch müsste er die Schweiz automatisch verlassen. Dass seine betagten, seit Jahrzehnten in der  Schweiz wohnhaften und von John unterstützten Eltern dadurch in Bedrängnis gerieten, wäre unerheblich.
  4. Der bei einer Bank angestellte Deutsche Friedrich hat gegenüber der Familienausgleichskasse den Ausbildungsunterbruch seines Sohnes nicht deklariert. Damit hat er sich des Sozialmissbrauchs schuldig gemacht und müsste die Schweiz automatisch verlassen. Dass er seit Jahren in der Schweiz wohnt, mit einer Schweizerin verheiratet ist und seine Kinder eingeschult sind, spielte alles keine Rolle.
  5. Der in der Schweiz geborene und aufgewachsene 20-jährige Pole Andrej feiert mit seinen Schweizer Kollegen die Lehrabschlussprüfung. Betrunken brechen sie nachts in jugendlichem Leichtsinn in den Dorfladen ein, um sich alkoholische Getränke zu beschaffen. Sie werden erwischt und, da bisher unbescholten, zu einer Geldstrafe verurteilt. Während es für die Schweizer damit getan ist, würde Andrej automatisch das Aufenthaltsrecht verlieren, müsste seine Familie verlassen, würde seinen Job verlieren und müsste sich in ein Land begeben, das er nicht kennt, dessen Sprache er kaum mächtig ist und wo er über keine sozialen Kontakte verfügt.
  6. Anspruch auf menschliche Behandlung auch für straffällig gewordene Personen

    Diese fiktiven, aber realistischen Beispiele zeigen es deutlich: Wer als Ausländer mit dem Strafgesetz in Konflikt geriet, musste schon immer damit rechnen, des Landes verwiesen zu werden. Es gibt allerdings einige Errungenschaften unserer Rechtskultur, die für alle Einwohner unseres Landes gelten, ob es sich um Schweizer oder um Ausländer handelt. So hat jedermann das Recht, angehört zu werden, bevor gegen ihn eine Sanktion ausgesprochen wird, und ebenso Anspruch darauf, dass geprüft wird, ob die Sanktion unter Würdigung aller erheblicher Umstände angemessen ist. Das wird von der Bundesverfassung, aber auch von mehreren internationalen Abkommen, denen die Schweiz beigetreten ist, garantiert.

    Darum haben die Eidgenössischen Räte bei der Umsetzung der vom Volk angenommenen sog. Ausschaffungsinitiative eine Härtefallklausel eingebaut. Diese ermächtigt die Behörden, ausnahmsweise von einer Landesverweisung abzusehen, „wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der  besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind.“

    Die Durchsetzungsinitiative stellt sich gegen elementare Rechte

    Der SVP ist die Härtefallklausel ein Dorn im Auge. Um nicht über die Härtefallklausel diskutieren zu müssen, hat sie auf das Referendum verzichtet, dafür aber die sog. Durchsetzungsinitiative lanciert. Würde diese angenommen, würde straffällig gewordenen Ausländern, wenn immer es um die Sanktion der Landesverweisung geht, sowohl das Recht, angehört zu werden, als auch die Prüfung der Verhältnismässigkeit inskünftig verweigert. Es käme auch nicht auf den Grad des Verschuldens an, weil die Höhe der Strafe ausdrücklich keine Rolle spielen würde.

    Ausländer würden damit um elementare Rechte gebracht. Die betroffene Person könnte zum Beispiel nicht vorbringen, dass es sich beim fraglichen Delikt nicht um einen schwerwiegenden Fall handelt oder ihr Verschulden nicht schwer wiegt. Oder dass an der Wegweisung kein öffentliches Interesse besteht, weil sie bisher unbescholten war. Oder dass wichtige private Interessen gegen die Wegweisung sprechen, weil die Familie auseinander gerissen würde und ohne den Ernährer der Sozialhilfe anheimfiele.

    Absage an die Unmenschlichkeit

    Bei der Abstimmung über die sog. Durchsetzungsinitiative geht es nicht darum, ob Personen, die auf diese Weise mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, schliesslich in der Schweiz bleiben können, sondern darum, ob ihnen weiterhin das Recht zusteht, zur Sanktion der Landesverweisung überhaupt angehört zu werden, und ob weiterhin geprüft werden kann, ob ein Härtefall vorliegt, der ausnahmsweise ein Verbleiben in der Schweiz rechtfertigt. Der von der Durchsetzungsinitiative vorgesehene Automatismus, der unabhängig vom Grad des Verschuldens bzw. von der Höhe der Strafe ist, ist unmenschlich. Davor bewahrt uns nur die klare Verwerfung der Initiative.

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