Bern, 11.12.2019 – Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga vor der vereinigten Bundesversammlung anlässlich ihrer Wahl zur Bundespräsidentin für das Jahr 2020
Frau Nationalratspräsidentin, Herr Ständeratspräsident, Herr Vize-Präsident des Bundesrates, Sehr geehrte Damen und Herren Nationalräte und Ständeräte,
Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie mich zur Bundespräsidentin gewählt haben. Ihre Wahl freut mich, sie ehrt mich und sie fordert mich heraus. Es ist das zweite Mal, dass Sie mir diese Ehre verleihen. Dieses Mal ist es der Anfang einer neuen Legislatur. Aufbruchstimmung liegt in der Luft – und das mitten im Dezember.
Noch nie in der Geschichte der Schweiz war die Bevölkerung im Parlament so breit abgebildet: Noch nie gab es im Parlament so viele Mütter, so viele Frauen, so viele junge Menschen. Das wird die Politik und damit das Leben der Menschen in unserem Land verändern.
Hier im Parlament haben die Veränderungen bereits begonnen: Es gibt jetzt einen Wickeltisch und Mütter können ihre Kinder stillen – dort wo man früher geraucht hat. Sie sehen: die Luft wird besser!
Meine Damen und Herren, ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, Lösungen zu finden. Bei der Sicherung der Altersvorsorge, beim Klimaschutz und bei unserem Verhältnis zu Europa.
Keines dieser Themen kann eine Partei allein lösen. Die Sozialpolitik unseres Landes war immer geprägt vom Ausgleich und von der Solidarität. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht, darauf können wir aufbauen.
Die Folgen des Klimawandels sind in unserem Alltag angekommen. Klimaschutz ist deshalb keine parteipolitische Frage mehr, sondern eine Frage, die uns alle angeht: Bauern ebenso wie Bauarbeiter, die ländliche Bevölkerung ebenso wie jene in der Stadt. Dabei ist klar, je länger wir zuwarten, desto teurer wird es.
Unser Verhältnis zu Europa, schliesslich, das müssen wir klären. Auch hier haben wir in der Vergangenheit nur gemeinsam Lösungen gefunden. Kantone, Sozialpartner und am Ende die Bevölkerung müssen unsere Politik mittragen. Bei allen Schwierigkeiten, die wir zurzeit in der EU beobachten, sollten wir etwas nie vergessen: Dass Frieden um uns herum ist, das verdanken wir der EU. Und wir Schweizerinnen und Schweizer sind auch Europäer. Unser Land hat von der EU viel bekommen, und wir haben der EU viel gegeben. Wir sollten unsere Beziehungen deshalb mit Respekt und Offenheit klären.
Meine Damen und Herren, es wäre schade, wenn wir uns in dieser Legislatur nur um uns selber kümmern würden. Es gibt zu viele Menschen auf dieser Welt, die eingesperrt werden, weil sie eine eigene Meinung haben. Es gibt zu viele Kinder, die keine Chance haben, weder auf genügend Nahrung noch auf Bildung.
Ich wünsche mir deshalb eine Legislatur, die nicht als egoistische, sondern als verantwortungsvolle in die Geschichte eingeht. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen. Und nur damit das auch gleich gesagt ist: Zu dieser Zusammenarbeit gehört auch, dass wir heftig debattieren und uns längst nicht überall einig sind.
Die Bevölkerung erwartet aber von uns, dass wir am Schluss Lösungen präsentieren, die sie mittragen kann. Die direkte Demokratie stellt hohe Anforderungen an Bundesrat und Parlament. Und das ist gut so.