Für mehr bezahlbare Wohnungen und fairere Mietverhältnisse in unserer Stadt dank Offenlegung des vorherigen Mietzinses

Art. 270 Abs. 2 OR räumt den Kantonen die Möglichkeit ein, im Fall von Wohnungsmangel für das
ganze Kantonsgebiet oder Teile desselben eine Formularpflicht einzuführen. Die Vermietenden
müssten für den Abschluss von Mietverträgen das von der zuständigen kantonalen Stelle geneh-
migte Formular verwenden. Dadurch würden die Vermietenden verpflichtet, bei Abschluss eines
neuen Vertrages den vorherigen Mietzins bekanntzugeben. Diese Formularpflicht richtet sich sinn-
gemäss nach derjenigen für Mietzinserhöhungen (Art. 269d OR), die von Bundesrechts wegen
obligatorisch ist.
Bei einer Leerwohnungsziffer von unter 1% spricht das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO)
von Wohnungsnot. Die Stadt Bern hat im nationalen Vergleich eine äusserst tiefe Leerwohnungs-
ziffer, welche gemäss Statistik Stadt Bern am 1. Juni 2016 bei 0.46% lag. In der Stadt Bern
herrscht Wohnungsnot, weshalb die Einführung der Formularpflicht dringend angezeigt ist.
Auch unabhängig von der Definition „Wohnungsnot“ macht eine verbindliche Offenlegung des vor-
herigen Mietzinses Sinn: Sie sorgt für Transparenz, Wettbewerb und schafft Voraussetzungen, um
einfacher gegen missbräuchliche Mietzins-Aufschläge vorgehen zu können. Erfahrungen aus an-
deren Kantonen haben gezeigt, dass sie einfach und mit nachweislich mietzinsdämpfender Wir-
kung umgesetzt werden kann.
Der Bundesrat hat im Mai 2013 das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und For-
schung beauftragt, einen politischen Dialog mit jenen Kantonen und Städten aufzunehmen, die mit
angespannten Wohnungsmärkten konfrontiert sind. Der Bundesrat kam zum Schluss, dass eine
schweizweite Formularpflicht ein geeignetes Mittel ist, um gegen die steigenden Wohnungsmieten
vorzugehen und stellte einen entsprechenden Antrag. Am 14. September 2016 hat der Ständerat
als Zweitrat eine gesamtschweizerische Formularpflicht beim Anfangsmietzins abgelehnt. Damit ist
der Antrag des Bundesrates vom Tisch und es bleibt weiterhin den Kantonen überlassen, eine
entsprechende Pflicht einzuführen. Diese Pflicht besteht heute bereits in den Kantonen Freiburg,
Genf, Neuenburg, Nidwalden, Waadt, Zug und Zürich.

Im Jahr 2012 wurde im Grossen Rat des Kantons Bern die interfraktionelle Motion SP/Grüne
M 134-2012 (Aebersold/Imboden) mit der Forderung, dass der Regierungsrat die Formularpflicht
obligatorisch erklärt, eingereicht. Der Grosse Rat hat die Motion abgelehnt. Im 2014 hat die Bevöl-
kerung der Stadt Bern mit 72%iger Annahme der Wohninitiative klar zum Ausdruck gebracht, dass
sie mehr bezahlbaren Wohnraum wünscht. Der Gemeinderat hat entsprechend Massnahmen zur
Förderung von gemeinnützigem Wohnungsbau ergriffen. Rund 85% der Wohnungen in der Stadt
Bern gehören privaten Eigentümern. Eine Einführung der Formularpflicht bei Neuvermietungen
hätte eine mietzinsdämpfende Wirkung für die Mehrheit der Bevölkerung und entspricht dem politi-
schen Willen.
Aus diesen Gründen wird der Gemeinderat beauftragt, beim Regierungsrat vorstellig zu werden
und zu verlangen, Art. 270 Abs. 2 OR für die Stadt Bern anzuwenden, allenfalls die gesetzlichen
Grundlagen zu schaffen. Beim Abschluss neuer Mietverträge in der Stadt Bern muss der vorherige
Mietzins automatisch mit dem entsprechenden Formular bekannt gegeben werden.

Erstunterzeicher:in

Rithy Chheng

Ersteinreichung

12. Januar 2017

Einreichungskanton

Bern

Einreichegemeinde

Bern
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