Ausgangspunkt der Motion war der Entscheid des ETH-Rates im Herbst 2012, die Gebühren für alle Studierenden zu verdoppeln. Der Gesetzgeber hat heute bei den ETHs im Gegensatz zu den meisten kantonalen Hochschulen keine Möglichkeit, solche Entscheide zu verhindern, da das ETH-Gesetz dem ETH-Rat die Kompetenz über die Festsetzung der Gebühren ohne nennenswerte Einschränkungen überlässt.
Als das Parlament wenig später über besondere Forschungskredite auch für die ETHs beschliessen musste, hat die SP beschlossen, dies als Druckmittel gegen die Gebührenerhöhung zu verwenden. Daraus entstand ein Kompromiss in Form einer parlamentarischen Initiative von SP-Nationalrat Roger Nordmann, der vier Punkte vorsah:
- Die Erhöhung der Gebühren wird dem Parlament unterstellt, sobald sie über den Teuerungsausgleich hinausgeht.
- Die Erhöhung der Gebühren für Studierende, die oder deren Eltern in der Schweiz steuerpflichtig sind, wird faktisch auf die Teuerung beschränkt – was die vorgesehene Verdoppelung verhinderte; für alle Studierende, die nicht in diese Kategorie fallen, sollten die Gebühren höchstens das Dreifache der Grundgebühren betragen können.
- Das Reziprozitätsprinzip, wonach Studierende aus Staaten, die für Schweizer keine oder sehr tiefe Gebühren verlangen, in der Schweiz wie Studierende mit Schweizer Steuersitz behandelt werden.
- Das Prinzip, wonach alle zusätzliche Einnahmen der für fiskalische BildungsausländerInnen erhobenen höheren Gebühren zugunsten der Studierenden reinvestiert werden müssen, insbesondere auch für Stipendien für finanziell schlecht gestellte Studierende aus Staaten, die nicht dem Reziprozitätsprinzip unterliegen.
Diese Grundsätze wurde zwar nach einem ersten Hin und Her zwischen National- und Ständerat noch etwas aufgeweicht (insbesondere liegt nun die Kompetenz für Erhöhungen über die Teuerung nicht mehr beim Parlament, sondern beim Bundesrat, was institutionell vielen kantonalen Regelungen entspricht und trotzdem eine demokratische Kontrolle durch politischer Beschlüsse über die Höhe der Studiengebühren gewährleistet).
Im Gegensatz zu einigen Aussagen hat die Motion keinen Bezug zum Erasmus-Programm, da die Erasmus-Studierenden an ihren Ursprungshochschulen eingeschrieben bleiben und von Gebührenänderungen an der Gasthochschule nicht betroffen sind. Der nicht diskriminierende Aspekt der Motion wurde auch im Austausch mit bildungspolitisch tätigen Kollegen der wichtigsten EU-Staaten bestätigt – insbesondere, weil sich die Differenzierung auf das Steuerdomizil und nicht auf den Pass bezieht, sowie dank der Einführung des Reziprozitätsprinzips. Nicht zuletzt muss daran erinnert werden, dass bereits heute die Hälfte der Hochschulen differenzierte Gebühren verlangt (nach Pass), mit bis zu 4000 Franken Unterschied pro Jahr. Das ist zum Teil mehr, als die Motion vorsieht – und gibt damit der Motion eine plafonierende Wirkung auch für die Differenzierung zwischen Gebühren für Studierende mit Steuerdomizil (meist ihrer Eltern) in und ausserhalb der Schweiz. Der Unterschied kann im Übrigen auch damit begründet werden, dass die ETHs zu einem guten Teil mit Geldern finanziert sind, die über Erträge der in der Schweiz Steuerpflichtigen erhoben werden.
Einige kritische Stimmen aus Studierendenseite haben sich gegen die Überweisung dieser Motion gewendet. Dazu muss gesagt werden: Eine Ablehnung der Motion hätte nicht den Status quo erhalten, sondern wohl die rasche Umsetzung des Verdoppelungsbeschlusses des ETH-Rates und damit eine massive Erhöhung der Gebühren für alle Studierenden in Kauf genommen – und dies ohne jede soziale Begleitmassnahme. Ein Nein zur Motion wäre auch, wie dies Bundesrat Schneider-Ammann an der Tribüne erfrischend ehrlich gesagt hat, vom Bundesrat als Auftrag aufgenommen worden, höhere Beiträge für ausländische Studierende ins Gesetz zu schreiben – aber ohne jede Plafonierung der Gebühren, wie sie die Motion einführt, ohne Nutzung der zusätzlichen Mittel für die Bedürfnisse der Studierenden und ohne Reziprozitätsprinzip.