Schon früh kam aus der Mitte der Bevölkerung der Wunsch nach Mitbestimmung. FAIR Wil hatte damals die Petition für Mitbestimmung von MigrantInnen und Jugendlichen gestartet und über 300 Unterschriften gesammelt. Das hat dem Stadtrat und der vorberatenden Kommission die nötige Bestätigung gegeben.
Das Partizipationsreglement wurde in der Zwischenzeit erstellt und an der letzten Parlamentssitzung vom 2. März 2017 traktandiert.
Darin enthalten war im Wesentlichen ein Vorstossrecht für Jugendliche unter 18 Jahren (Jugendvorstoss) und für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft (Migrantenvorstoss). Eingereichte Vorstösse werden von der Stadtkanzlei formal geprüft und an das Parlamentspräsidium für die Zuweisung weitergeleitet. Dafür müssen 10 Personen, welche in Wil leben, den Vorstoss unterzeichnet haben.
Dass die Hürde tief sein muss, ist elementar wichtig, damit die neuen Möglichkeiten auch rege genutzt werden. Die Hürde darf nicht abschrecken. Vielmehr soll das neue Gesetz zur Mitsprache einladen. Es profitieren alle von neuen Ideen und von BürgerInnen, welche sich mit der Stadt identifizieren und diese als ihre Heimat ansehen.
Dass man darin etwas Negatives sehen kann, ist für Demokratiefreunde schwer nachvollziehbar. So waren Voten aus der Reihe von SVP und GLP, wo von «Bevorzugung» gesprochen wurde, nur schwer zu verdauen. Dies deswegen, weil es sich dabei um Ausreden, Angstmacherei und alternative Fakten handelte. Die FDP wiederum wollte die Hürde erhöhen, ohne dies wirklich begründen zu können.
«Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger.» Das sagte schon der griechische Politiker Perikles 500 Jahre vor Christus. Aus aktuellem Anlass sollten sich die SVP, die GLP und Teile der FDP wirklich die Frage stellen, zu was für BürgerInnen und ParlamentarierInnen sie sich gemacht haben, indem sie die aktive Anteilnahme vehement verhindern wollten – und das 2500 Jahre später.
Auf der progressiven Front hingegen war die Zustimmung für das Reglement eindeutig spürbar. Seitens der SP, Grünen und der CVP sah man die grossen Vorteile eines solchen Reglements und verteidigte dieses bis zum Schluss. Schlussendlich nahm das Stadtparlament das Reglement mit 24 zu 10 Stimmen bei einigen Enthaltungen deutlich an. Die Demokratieverweigerer hatten trotz Angstmacherei und Ausreden keine Chance.
Dies ist ein grosser Sieg für die Demokratie, für Wil, für die Wertschätzung gegenüber unseren Jugendlichen und MigrantInnen.
Die Jugendlichen, welche unsere Zukunft darstellen und welche wir so gut wie möglich darauf vorbereiten müssen.
Die MigrantInnen, welche sehr viel für uns leisten und wie alle anderen unsere Steuern zahlen. Damit finanzieren sie die Strassen, die Schulen, die Subventionen in der Landwirtschaft, Sitzungsgelder und Löhne der PolitikerInnen und vieles mehr. Sie leisten viel und haben kein Mitspracherecht.
Für beide Gruppen ist somit die Annahme des Partizipationsreglements eine Wertschätzung und eine Verringerung des Demokratiedefizits. Ich freue mich jetzt schon auf die interessanten Ideen und Vorstösse, welche dadurch möglich werden.
Politik ist zum Teil eine Mischung zwischen Hürden- und Marathonlauf. Es ist geprägt vom ständigen Kampf und Tauziehen, welches Energie verbraucht. Nach einem solchen Abend jedoch ist die Genugtuung weitaus grösser als jeder steinige Weg dahin.
Nach einem solchen Abend wird wieder deutlich, wie sehr die Bevölkerung die Menschen benötigt, welche sich für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzen!
Es wird wieder deutlich, wie wichtig die SP mit ihrem gelebten Slogan: «Für alle, statt für Wenige» für die Menschen in Wil, im Kanton St. Gallen und in der ganzen Schweiz ist.
Es macht mich stolz, ein aktiver Teil davon zu sein.