1:12 trotz Nein eine Erfolgsgeschichte – SVP-Mogelpackung in der Familienpolitik aufgeflogen

Heute hat die 1:12-Initiative keine Mehrheit an der Urne gefunden, Wirtschaft und Bürgerliche konnten mit ihrer Angstkampagne die Abzocker und ihre Millionensaläre noch einmal retten. Und doch hat die 1:12-Kampagne die Schweiz verändert. Sie hat den Deutungsrahmen in Fragen der Verteilgerechtigkeit neu definiert und einen moralischen Standard gesetzt, an dem sich Politik und Wirtschaft messen müssen: Künftig werden sich CEOs und Verwaltungsräte sehr gut überlegen müssen, wie sie Entschädigungen in Millionenhöhe rechtfertigen wollen. Erfreulich ist hingegen, dass das Stimmvolk die Mogelpackung der SVP erkannt und die Familieninitiative abgelehnt hat. Das Nein zur SVP-Initiative ist ein Ja für die moderne Familie und ein Ja zu einer Familienförderung, die allen Familien nützt.

Die hohe Stimmbeteiligung bestätigt es: Mit der 1:12-Initiative hat die Juso eine dringend notwendige Debatte ausgelöst und den Diskurs in Medien und Öffentlichkeit während Monaten dominiert. Die 1:12-Kampagne hat Menschen in allen Generationen bewegt, weil sie die zentralen gesellschaftlichen Fragen gestellt hat, jene nach der Freiheit, der Demokratie und der Gerechtigkeit. Wenn Brady Dougan heute seinen früheren Lohn als überrissen einschätzt, wenn zahlreiche Unternehmen unaufgefordert ihre Lohnverhältnisse publizieren, wenn bürgerliche Politiker bis hin zu Bundesrat Schneider-Ammann Millionensaläre kritisieren, dann ist das ein Verdienst der Juso und ihrer 1:12-Initiative.

Beim Mindestlohn werden Bürgerliche und Arbeitgeber nun Farbe bekennen müssen. Im Laufe der 1:12-Kampagne haben diese Kreise wiederholt behauptet, 1:12 bringe den Menschen mit kleinen Löhnen nichts, das „1“ in 1:12 werde dadurch nicht grösser. Jetzt wird sich zeigen, was diese Bekenntnisse für anständige Löhne wert sind. Bürgerliche und Arbeitgeber können sich nicht mehr hinter Grundsatzargumenten verstecken, sondern müssen sich der ganz handfesten Frage stellen, warum sie knapp 10% der Bevölkerung keinen menschenwürdigen Lohn zugestehen wollen.

Mit dem Nein zur SVP-Familieninitiative hat sich das Stimmvolk zum zweiten Mal in wenigen Monaten deutlich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für eine moderne Familienpolitik, die allen nützt, ausgesprochen. Die Initiative gab vor, Familien zu fördern. Dieses Ziel teilt die SP, aber sie will es auf anderem Wege erreichen. Steuergutscheine für alle Familien sind viel effektiver als progressiv wirkende Abzüge. Sie entlasten Familien mit mittleren und unteren Einkommen spürbar und zwar ohne steuerliche Einbussen. Für die SP mindestens so wichtig ist es jedoch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Neben der Bereitstellung von genügend bezahlbaren, qualitativ guten Krippenplätzen gehört dazu die Einführung eines Elternurlaubs.

Die abrupte Erhöhung des Vignettenpreises um 150 Prozent wurde vom Stimmvolk nicht goutiert. Nicht zuletzt deshalb hatte sich die SP im Parlament für eine moderate Erhöhung des Vignettenpreises ausgesprochen. Das Nein zur Erhöhung des Vignettenpreises ist für die SP jedoch auch ein ökologisches Nein zu teuren und unnötigen Ausbauprojekten im Strassenbau und insbesondere ein frühes Nein gegen eine zweite Gotthard-Röhre. Die SP fordert deshalb, dass sämtliche Planungsarbeiten für eine zweite Gotthard-Röhre sistiert werden, bis sich das Volk dazu äussern kann. 

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