Der Ärger der Bevölkerung gegen die Abzockerei, gegen den Filz von überbezahlten Managern, Headhunter und Beratern und ihre Helfershelfer im Parlament ist riesig. Die Zustimmung geht quer durch alle Klassen, wie die VOX-Analyse zeigen wird. Das spürte man bei zahlreichen Veranstaltungen in den Sälen. Die Basis hat insbesondere bei den Gewerkschaften die Funktionärsspitze nicht mehr verstanden.
Blocher, Bäumle und Co.
Noch nie wurde eine Initiative so lange verschleppt. Noch nie wurde so trickreich versucht, griffige Gesetzesbestimmungen zu verhindern. Doch alle Tricksereien und Bremsmanöver durch die Abzocker-VertreterInnen im Parlament haben nicht verfangen. Der letzte Coup kam von Martin Bäumle. Mit einer Kehrtwende versenkte er die Bonussteuer mit dem direkten Gegenvorschlag in der Schlussabstimmung im Juni 2012. Ungewollt hat der Grünliberale damit vielleicht der Initiative zum Durchbruch verholfen. Erfolglos waren die Umgarnungsversuche von Christoph Blocher, der Thomas Minder zum Rückzug bewegen wollte. Ein Eigentor waren die Verwässerungsanträge von FDP-Ständeräten auf Druck der Economiesuisse beim ersten indirekten Gegenvorschlag.
Umso unglaubwürdiger waren im Abstimmungskampf die bürgerlichen Parteien und ihre ParlamentarierInnen und die Economiesuisse. Den zahnlosen Kukident-Pudel (so SR Bischof, der ihn aber durch alle Böden verteidigte) als griffig und rascher zu verkaufen, verfing ebenso wenig, wie die Untergangs-Prophezeiung. Der 300 000 Fr. teure Minder-Titanic-Film von Michael Steiner wurde zum Grounding 2013 von Pascal Gentinetta. Der Vasella-Abzocker-Effekt war nur noch das Tüpfchen aufs i.
Das Resultat ist bemerkenswert. Es ist das drittbeste Resultat aller Initiativen. Das hat auch die Weltpresse vermerkt. Es ist das grosse Verdienst von Thomas Minder, dass die Schweizer Bevölkerung über die Initiative abstimmen und zum Erfolg führen konnte. Dafür ist ihm unsererseits zu danken.
Das Resultat ist historisch, wenn die richtige Umsetzung gelingt. In der Verantwortung steht an vorderster Front, das EJPD. Die Initiative ist wortgetreu und rasch umzusetzen. Bis im Sommer 2013 sollte der Entwurf vorliegen. Bis Ende Jahr muss die Verordnung in Kraft gesetzt werden. Mit diesem Zeitplan reicht es für eine Anpassung der Regelungen in den Unternehmen im Laufe von 2014. Damit können die Bestimmungen der Abzockerinitiative an den Generalversammlungen 2015 zur Anwendung kommen.
Bonussteuer in der Aktienrechtsrevision
Doch um die Abzockerei zu bremsen, braucht es weitere Schritte. Das ist einerseits die laufende Aktienrechtsrevision. Dazu gehört eine Neuauflage der Besteuerung der sehr hohen Vergütungen wie auch aktienrechtliche Bremsen dagegen mit der sog. Boni-Steuer. Zu beschränken sind auch die variablen Vergütungsbestandteile, wie es die EU jetzt mit der Deckelung der Banker-Boni vormacht.
Rückenwind für soziale Initiativprojekte
Aber damit wird die Verteilung von Einkommen und Vermögen (noch) nicht gerechter. Dazu braucht es weitere soziale Projekte, die mit der Zustimmung zur Initiative nun Rückenwind bekommen haben.
- Im Herbst können wir mit der 1: 12 –Initiative der Juso die Lohnspanne zwischen den höchsten und tiefsten Löhnen begrenzen.
- Die Mindestlohn-Initiative sichert mindestens 4000 Fr. Monatslohn für alle Vollzeitwerbstätigen.
- Die soeben eingereichte Erbschaftssteuerinitiative sichert 20 % des Nachlasses für die AHV.
- Mit der Initiative gegen die Pauschalbesteuerung werden die Steuerprivilegien für reiche Ausländerinnen abgeschafft.
- Die Initiative AHV plus sichert bessere AHV-Renten für viele Rentnerinnen und Rentner.
Das sind wichtige soziale Korrekturen für eine Schweiz ohne Abzocker und mehr Verteilungsgerechtigkeit. Es sind einzelne Puzzle-Stücke – und zusammen bilden sie unser grosses Konzept einer Schweiz mit sozialer Gerechtigkeit für alle statt nur für wenige. Nutzen wir jetzt die historische Chancen dafür.