Irgendwo im Keller habe ich auch noch eine herumliegen: Eine Barbiepuppe aus Kindertagen. Wirklich gespielt habe ich selten mit ihr, da gab es weitaus Interessanteres zu entdecken. Doch was damals auch bei mir auf der Weihnachts-Wunschliste stand, bedeutet Elend und Ausbeutung für andere. Chinesische Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter schuften unter menschenunwürdigen Bedingungen durchschnittlich elf Stunden am Tag für die Erfüllung von fernen Kinderträumen (und das bei einer Sechs- bis Sieben-Tage-Woche). Ihr Lohn reicht kaum zum Überleben, ihre Arbeit mit giftigen Stoffen macht krank und ihre Zukunftsperspektiven sind gleich null.
Dass diese prekäre Arbeitssituation in Spielwarenfabriken nicht neu ist und auch meine Barbie schon so produziert wurde, macht es nur noch schlimmer. Der Druck der Öffentlichkeit nach verheerenden Fabrikbränden in den 90er-Jahren brachte leider wenig.
Der Weltverband der Spielzeugindustrie verabschiedete zwar einen branchenweit gültigen «Verhaltenskodex» und definierte soziale Mindeststandards für Spielzeughersteller, die für internationale Konzerne wie Mattel, Disney und Hasbro produzieren. Doch Recherchen von NGOs belegen, dass bis heute chinesisches Arbeitsrecht und internationale Arbeitsstandards der ILO (International Labour Organisation) systematisch verletzt werden. Da ist von exzessiven Überstunden, Löhnen, die nicht zum Leben reichen, fehlenden Sicherheitsvorkehrungen, defekten Feuerlöscher, mangelhafter Schutzkleidung, unhygienischen sanitären Anlagen und unwürdigen Schlafplätzen die Rede. Von sozialer Absicherung und Mitspracherechten ganz zu schweigen.
Die Schweiz importiert mit 70 Prozent einen Grossteil der Spielwaren aus China. Mattel, Disney und weitere Markenfirmen sind an einem maximalen Gewinn interessiert – und üben dementsprechenden Druck auf die chinesischen Fabriken aus, möglichst billig zu produzieren. Wenig verwunderlich wälzen diese den Druck auf die Arbeiterinnen und Arbeiter ab, die den Preis für die Profitmaximierung bezahlen.
Es ist höchste Zeit, die Herstellerfirmen in die Verantwortung zu nehmen. Wie eine Umfrage von Solidar zeigt, sind viele Käuferinnen und Käufer bereit, für faire Arbeitsbedingungen tiefer in die Tasche zu greifen. Und so tief wäre es gar nicht: Würde der Lohn einer Fabrikarbeiterin verdoppelt, müsste für eine einfache Barbie, die heute 16 Franken kostet, 16.08 Franken bezahlt werden. Das wäre mal ein erster Schritt. Ein Label, das faire Arbeitsbedingungen bei der Produktion von Barbie, Ken und Co. garantiert, wäre ein nächster. Längerfristig müssten diese Standards dann selbstverständlich für die gesamte Branche gelten.
Und damit es so weit kommt, braucht es Druck – die Solidar-Kampagne ist ein Anfang.