Blicken wir zurück: In den letzten 20 Jahren haben wir in der Steuerpolitik vor allem Kapital entlastet und dafür Arbeit und Konsum belastet. In der Unternehmenssteuerreform I (USR I) von 1998 wurden die heute so verpönten Steuer-Privilegien für Konzerne eingeführt und die Kaptalsteuer (Steuer auf Eigenkapital, «Vermögenssteuer für Kapitalgesellschaften») auf Bundesebene abgeschafft.
Mit der USR II von Bundesrat Hans-Rudolf Merz wurden Kaptalerträge, sogenannte Dividenden, privilegiert bzw. tiefer besteuert und das Kapitaleinlageprinzip eingeführt. Die USR III schliesslich – von der SP erfolgreich bekämpft – überbordete, indem man zwar die verpönten Privilegien für Konzerne abschaffen, dafür aber zig neue einführen wollte.
Verbesserungen gegenüber vergangenen Reformen
Nun kann man auch im demokratischen System Reformen auf zwei Arten durchführen: Disruptiv und schockartig, wie eine ersatzlose Streichung der Steuerprivilegien, so wie es die Gegner der STAF fordern. Oder man kann schrittweise aus einem falschen System aussteigen. Wir haben uns für Letzteres entschieden.
Die STAF bringt nämlich – anders als die USR III – eine Teil-Rückgängigmachung der drei Steuerreformen. Also genau das, wofür wir gekämpft haben. Sie bringt die Abschaffung der verpönten Statusprivilegien aus der USR I, eine Teilrevision und Teilgegenfinanzierung via eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung und (wer hätte das gedacht) eine Einschränkung des Kaptaleinlageprinzips aus der USR II.
Und drittens reduziert sie die neuen Privilegien aus der USR III auf das Notwendige. Nämlich vor allem auf zwei Instrumente, die mehr oder weniger in ganz Europa angewandt werden und erst noch an reale Arbeitsplätze gekoppelt sind: den Forschungs- und Entwicklungsabzug und die tiefere Besteuerung von Patenteinnahmen (Patentbox). Anders ausgedrückt: Die STAF bringt eine Steuerharmonisierung auf internationaler Ebene, was die Linke schon immer gefordert hat. Die Teil-Rückgängigmachungen der letzten Steuerreformen und die Harmonisierung sind allein schon gute Gründe, der Vorlage zuzustimmen.
Zudem: Jetzt bekommen wir das erste Mal seit 45 Jahren noch Lohnprozente für die AHV hinzu – und das ohne Abbau auf Leistungsseite! Lohnbeiträge sind für die arbeitende Bevölkerung die kostengünstigste (im Gegensatz zur Mehrwertsteuerfinanzierung), die effizienteste und die gerechteste AHV-Finanzierung. Allein deshalb sollten wir sagen: «Take it and run!» Denn das bekommen wir nicht so schnell wieder.
Internationaler und interkantonaler Steuerwettbewerb
Und wohin sollten wir rennen? An die zwei Orte, wo die Musik spielt: Auf der internationalen Ebene in der OECD müssen wir die Steuervermeidungsstrategien weiter vermindern. Da kann gerade die Schweiz eine aktive Rolle spielen. Und in die Kantone. Dort müssen wir dafür sorgen, dass nicht überbordet wird.
Indem wir mit der STAF die beiden neuen Instrumente (Patentbox, F&E-Abzug) ermöglichen, müssen die Kantone den allgemeinen Gewinnsteuersatz nämlich nicht so stark senken wie ohne diese Instrumente. Denn nicht der internationale Steuerwettbewerb ist unser Problem, sondern der interkantonale. Die Unternehmen würden nämlich nicht ins Ausland flüchten, sondern in den steuergünstigsten Kanton. Sich gegenseitig Steuersubstrat abluchsen und vernichten nennt man «z’Leid werche» und nicht «Steuerwettbewerb». Das muss aufhören. Und genau dorthin wird die SP rennen.
Als Konsequenz bleibt: So, wie wir schrittweise eingestiegen sind, steigen wir schrittweise aus einem System aus, das Kapitaleinkommen begünstigt und Arbeitseinkommen benachteiligt. Wir kehren zurück zum Erfolgsmodell Schweiz, das über Jahrzehnte gegolten hat: Die tiefe Besteuerung von Arbeit und Konsum und eine hohe Besteuerung von Kapital, kombiniert mit einer Sicherung der Einkommen im Alter und bei Invalidität. Take it and run!