«Armut ist nicht Privates» wurde in einem Hauptreferat an der Tagung klipp und klar gesagt. Die Ökonomin Brigitte Unger zitiert Aristoteles. Der griechische Philosoph beruft sich auf Phaleas (400 v. Chr.) als den ersten Verfassungstheoretiker, der die Ursache für soziale Unruhen und Bürgerkriege in ungerechter Vermögens- und Besitzverteilung sah. Er habe laut Aristoteles gefordert, bei der Gründung neuer Staaten bzw. Kolonien alle Bürger finanziell gleichzustellen.
Der Schluss liegt nahe: Wenn die Einkommen gerechter verteilt sind, steigt auch die Sicherheit. Im Grunde eine logische Folgerung. In der Schweiz stimmen wir deshalb über die Erbschaftssteuerinitiative ab, in Österreich wird wiederum eine Vermögenssteuer gefordert. Damit könnte ein Grossteil der Armut bekämpft werden, so lautet die Begründung dafür, denn Geld sei genug vorhanden.
Ungerechte Verteilung der Chancen
Einmal mehr wurden die Ursachen von Armut vor Augen geführt. Es handelt sich dabei um folgende Hauptpunkte: Keine Arbeit; Working Poor; fehlende oder ungenügende Bildung; Krankheit; Familiengrösse; Geschlecht (Armut ist weiblich). Da sieht man, dass die Armut strukturell bedingt aus der Ungleichverteilung entsteht. Neben der Einführung einer Vermögenssteuer will Österreich die Mindestsicherung (eine Art Sozialhilfe) sicherstellen, Dienstleistungen ausbauen (wie Budgetberatungen, Hilfe bei Arbeitssuche, Familienbegleitungen etc.) existenzsichernde Arbeitsverhältnisse fördern.
Wenn die EU in ihren Mitgliedsländern einen Länderbezogenen Mindestlohn einführen würde, könnten bis zu 28 Millionen Personen davon profitieren. Eine unglaublich Zahl und eine riesige Verringerung von Armut – dies auf Kosten von heutigen Grossverdienern. Ich wiederhole mich, Geld ist vorhanden. In Europa werden jährlich 1000 Milliarden Schwarzgeld rein gewaschen, meinte eine Referentin.
Beim Thema Mindestsicherung (Sozialhilfe) wurde schliesslich auf ein alt bekanntes Problem aufmerksam gemacht. Bei einer Bezugsgemeinschaft (Familie) ist nämlich oft der Mann Ansprechperson. Er lässt sich das Geld überweisen, informiert seine Frau darüber nicht und gibt ihr kaum Geld. Leidtragende sind vor allem die Kinder. Das spricht dafür, dass Dossiers individuell oder partnerschaftlich geführt werden müssen. Das gilt auch für die Schweiz.
Zusammengefasst zog ich aus der Armutskonferenz in Salzburg vor allem ein Fazit: Die Probleme bezüglich Armut, Sozialhilfe oder Working Poor kennt man in Österreich gleichermassen wie in der Schweiz.