Asylsuchende unter Generalverdacht

Silvia Schenker, Nationalrätin BS

Silvia Schenker, Nationalrätin BS
Wurde im Rahmen der Abstimmung über die dringliche Asylgesetzrevision über Rayonverbote oder ähnliches diskutiert, ging es jeweils um sogenannt renitente Asylsuchende. Was nun jedoch in Bremgarten und offenbar auch andernorts geschieht, geht sehr viel weiter. Diese willkürlichen Rayonverbote gelten für alle Asylsuchenden unabhängig von deren Verhalten.

Hiess es zunächst, Asylsuchende dürfen in Bremgarten das Schwimmbad nicht benutzen, so dringen nun mehr und mehr absolut stossende Informationen an die Öffentlichkeit. Aktueller Stand: Es scheint gang und gäbe zu sein, dass zwischen Gemeinden, in welchen Asylsuchende untergebracht werden, und dem Bundesamt für Migration Verträge ausgehandelt werden, welche bestimmte Regionen zu Tabuzonen erklären. Asylsuchenden ist es verboten, diese Gebiete zu betreten, ansonsten werden sie mit Sanktionen belegt. Auch wenn das BFM nun zurückkrebst und nicht von Rayonverboten, sondern von sensiblen Zonen spricht, ändert sich an der grundsätzlichen Problematik nichts. Mit solchen Massnahmen werden Asylsuchende unter Generalverdacht gestellt. Man unterstellt ihnen grundsätzlich, dass sie Probleme verursachen und an gewissen Orten – zum Beispiel in Schwimmbädern, in Sportanlagen oder Kirchen – stören und für die ansässige Bevölkerung eine Belastung seien. 

Wurde im Rahmen der Abstimmung über die dringliche Asylgesetzrevision über Rayonverbote oder ähnliches diskutiert, ging es jeweils um sogenannt renitente Asylsuchende. Bei aller Schwammigkeit des Begriffs „Renitenz“ kann man sich noch vorstellen, was das bedeutet: Wer sich irgendwann und irgendwo störend verhalten hat, oder gar durch Aggressionen oder kriminelle Handlungen aufgefallen ist, kann gemäss geltendem Asylgesetz mit einem Rayonverbot belegt werden. Das Rayonverbot ist in einem solchen Fall eine Reaktion und eine Sanktion in Zusammenhang mit seinem konkreten Verhalten. 

Was nun jedoch in Bremgarten und offenbar auch andernorts geschieht, geht sehr viel weiter. Diese willkürlichen Rayonverbote gelten für alle Asylsuchenden unabhängig von deren Verhalten. Asylsuchende werden somit zu Menschen zweiter Klasse, die man offenbar von Schulkindern, Sportlern und Kirchenbesuchern fernhalten muss. Die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Recht wird damit ohne erkennbare Not schwerwiegend verletzt. 

Sicher, es gibt Probleme mit dem Bereitstellen von Asylunterkünften und deshalb müssen allfällige Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung ernst genommen werden. Die Botschaft, welche das BFM mit solchen generellen Rayonverboten aussendet, ist jedoch eine höchst problematische. Asylsuchende werden so grundsätzlich und prophylaktisch als Menschen dargestellt, mit denen Konflikte und Schwierigkeiten vorprogrammiert sind. Das entspricht nicht der Realität. Es ist eine ganz kleine Minderheit von meist jungen, männlichen Asylsuchenden aus ganz bestimmten Ländern, die Probleme verursachen. Es muss immer wieder betont werden: Die ganz grosse Mehrheit der Asylsuchenden verhält sich absolut korrekt in der Schweiz. Sie sind in erster Linie Menschen, die ihr Herkunftsland in Not verlassen mussten und in unserem Land um Schutz ersuchen. Sie verdienen es, dass wir sie mit Würde und Respekt behandeln. 

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