Auch eine halbe Milchkuh ist zu viel

Die Billets von Bahn, Bus und Tram werden regelmässig teurer; die Kosten für ÖV-BenutzerInnen stiegen in den letzten Jahren deutlich schneller und stärker an als diejenigen für Autofahrerinnen und Autofahrer. Während für den Ausbau der Schiene die Nutzerinnen und Nutzer stärker zu Kasse gebeten werden, sollen mit der NAF-Vorlage die Automobilisten weiter entlastet werden. Das ist für die Umwelt und die Belastung der Infrastruktur schädlich und behindert die Entwicklung einer zukunftsgerichteten Mobilität.

Schon bei der Diskussion des Fonds für den Ausbau und Unterhalt Bahn-Infrastruktur (FABI) wurde für die Strasse ein gleichartiges System gefordert. Mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) würde die Forderung erfüllt – ebenfalls auf Verfassungsstufe. Um Strassenbauten zu forcieren und die Automobilisten zu entlasten, will sich die rechte Ratsseite nun tief in der Bundeskasse bedienen, um die 700 Mio. Steuergelder jährlich sollen für die Strasse abgezweigt werden. Die Milchkuh-Initiative wollte 1’500 Mio. jährlich aus der Bundeskasse nehmen, doch auch die halbe Milchkuh ist zu viel – zumal die Vorlage missachtet, dass der Strassenverkehr durch die Verursacher und verbrauchsabhängig finanziert werden sollte.

Die Vorlage besteht aus dem Verfassungsartikel und dem NAF-Gesetz:

  • Der Verfassungsartikel verankert den Fonds-Grundsatz, die neue Zweckbindung der Autoimportsteuer (ca. 400 Mio./Jahr), zusätzliche 10% Zweckbindung aus der Mineralölsteuer (250 Mio./Jahr) und eine neue Abgabe für elektrisch betriebene Fahrzeuge (ca. 100 Mio/Jahr).
  • Das NAF-Gesetz legt eine Benzinpreiserhöhung um 4 Rp. (200 Mio. /Jahr) fest, der Bundesrat hatte ursprünglich 12-16 Rp. als notwendig erachtet. Die Agglomerationsprogramme werden unbefristet weitergeführt und erhalten eine zuverlässige Finanzierung – 9 -12 % der im NAF geplanten Ausgaben. Dazu werden die Nationalstrassenprojekte in Form eines strategischen Entwicklungsprogramms 2030 / 2040 aufgelistet.

Für den Fonds braucht es nicht zwingend eine Verfassungsgrundlage, er könnte auch im Gesetz verankert werden. Würde der Verfassungsartikel abgelehnt, fiele auch der Griff in die Bundeskasse dahin. Auch so wären genügend Fondsmittel vorhanden, um den Unterhalt der Strasse und die Agglomerationsprogramme zu finanzieren. Das Gesetz hingegen kann sofort in Kraft treten und ein Referendum ist bis heute nie in Aussicht gestellt worden.

Der motorisierte Individualverkehr wird zunehmen, wenn er billiger wird – auch in den Städten und Dörfern. Die Aufenthaltsqualität wird verschlechtert, die Wege für Fussgängerinnen und Velofahrer unsicherer, der strassengebundene öffentliche Verkehr behindert. Letztlich werden über die Erhöhung des steuerfinanzierten Anteils an der Strasseninfrastruktur die Personen mit geringer Kilometerleistung im Auto überproportional belastet.

Was fortschrittliche Städte und Gemeinden über Jahre in einen siedlungsverträglichen Verkehr investiert haben, wird in Frage gestellt. Darum ist der NAF-Verfassungsartikel abzulehnen.

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