Aus dem Fall der Hochseeschifffahrt die Lehren ziehen

Die Qualität einer Arbeit hängt nicht nur von Pflichtenheft, Prozessen und Reglementarien ab, sondern auch von den Menschen, die diese umsetzen und überprüfen. Falls sich die Situation ergibt, dass Mensch und Job bzw. Anforderungen nicht zusammenpassen, müssen Verantwortliche achtsame Konsequenzen ziehen und Entscheidungen für die Zukunft fällen. Das ist ihre Aufgabe. Das ist meine Sichtweise betreffend Krisen, sei dies im Postautoskandal, bei der Raiffeisenbank oder auch bei der Hochseeschifffahrt.

Die Arbeitsgruppe der GPK zur Aufarbeitung der Hochseeschifffahrt-Bürgschaften (AG HSB) hat, mit grossartiger Unterstützung durch das zuständige Sekretariat der GPK, in den letzten Monaten viele Anhörungen durchgeführt, Dokumente zusammengetragen und gelesen, Schlussfolgerungen gezogen, diskutiert und in die Zukunft geschaut. Es war eine spannende Herausforderung. Insbesondere die Anhörungen sind ein gutes Instrument, um die betroffenen Personen direkt zu erleben. So ergibt sich ein persönliches Bild und ein Gefühl für die Reaktionen und Verhaltensweisen der Vorgeladenen. Trotz einer angemessenen Vorbereitungszeit, gab es sehr unterschiedliche Auftritte. Unter den Betroffenen gab es selbstbewusste Personen, andere erschienen unsicher und nervös. Während sich einige begleiten liessen, traten andere alleine zur Anhörung an – was eigentlich der Regelfall sein sollte.

Die AG HSB hat insgesamt acht Empfehlungen zuhanden des Bundesrates formuliert. Diese betreffen unter anderem Protokollierungen, Organisationsstruktur, Administrativuntersuchungen oder Risikomanagement. Mit Sorge stelle ich dabei zum wiederholten Male fest, dass bereits vorhandene Vorschriften (wie beispielsweise zu Protokollierung und Archivierung) nicht korrekt eingehalten werden. Ebenso fällt mir auf, dass die Organisationsstruktur des BWL (Bundesamt für Wirtschaftliche Landesversorgung) nicht der heutigen Zeit entspricht. Unsere Gesellschaft, unsere Ansprüche und Bedürfnisse ändern sich sehr schnell. Strukturen und Prozesse können hier nicht immer Schritt halten.

Administrativuntersuchungen sind ein wichtiges Mittel innerhalb der Bundesverwaltung. Diese müssen sorgfältig und korrekt durchgeführt werden, unabhängig sein und alle gesetzlichen Vorschriften müssen eingehalten werden. Fehler und Unterlassungen dürfen nicht passieren. Denn die Politik und andere Akteure stützen sich bei ihren Beurteilungen oft auf diese Untersuchungsberichte. Daher hat die AG HSB einige Empfehlungen mit Blick auf diese Untersuchungen formuliert. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass ein Kompetenzzentrum für Administrativuntersuchungen eine gute Lösung wäre.

Die Aufnahme von Bürgschaften und anderen ähnlichen Verpflichtungen (wie Darlehen) in das Risikomanagement und den einheitlichen Vollzug derselben gehören auch zum Empfehlungsbereich der AG HSB zuhanden des Bundesrates. So geht die AG HSB von einer umfassenden Beurteilung ihrerseits aus.

Sicher existiert die Ansicht, dass der Departementsvorsteher des WBF zu milde beurteilt wird und die EFK zu stark kritisiert werden. Das kann sein. Beim genauen Durchlesen des ganzen Berichtes wird detailliert aufgezeigt, wer wo Entscheidungen fällte und welche alternativen Handlungsmöglichkeiten bestanden. Ich bin hier in meiner Beurteilung nicht allzu streng. Im hektischen Alltag können Entscheidungen getroffen werden, die nicht adäquat sind und sich im Rückblick als falsch erweisen. Glücklicherweise geht es nicht immer um Entscheidungen von grosser Tragweite oder um Millionenbeträge. Aber lernen können wir immer aus Fehlern. Was lief wo falsch? Welche Konsequenzen können wir daraus ziehen? Wie sehen Verbesserungen aus?

Sicher wird auch die AG HSB für ihren Bericht kritisiert werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die AG HSB einen klar definierten Untersuchungsauftrag von den beiden GPK’s (Nationalrat und Ständerat) erhalten hat und sich daran orientierte. Weitere interessante Fragen, welche beispielsweise den laufenden Verkaufsprozess betreffen, werden durch die FinDel begleitet. Ebenso laufen Strafanzeigen gegen involvierte Personen aus diesem ganzen Bereich. Daher ist das Thema noch nicht abgeschlossen, und wir werden sicher noch weitere Erkenntnisse daraus ziehen können.

Als Präsidentin der AG HSB warte ich nun gespannt auf die Antworten betreffend die Empfehlungen des Bundesrates und der EFK, damit die GPK ihre weiteren Schritte beraten kann. Leider verfügt die GPK über keine Weisungsbefugnisse, diese müssen über den parlamentarischen Weg erfolgen. Hoffentlich bleibt uns dieser Gang erspart und die zuständigen Behörden setzen unsere Empfehlungen um.

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