Burkaphobie in der Schweiz

Andy Tschümperlin, Nationalrat SZ, Präsident der SP-Bundeshausfraktion

Andy Tschümperlin, Nationalrat SZ, Präsident der SP-Bundeshausfraktion
„Überall werden Sie herzlich willkommen geheissen!“. Dieser Satz steht auf der offiziellen Website für Reisen und Tourismus im Tessin. Seit dem letzten Abstimmungswochenende gilt: Sind wirklich alle Leute im Tessin herzlich willkommen? Touristinnen aus den Golfstaaten, die eine Burka oder Niqab tragen, können die Sonnenstube der Schweiz nicht mehr besuchen.

Der Kanton Tessin hat bekanntlich in einer Volksabstimmung das Verschleiern oder Abdecken des Gesichts im öffentlichen Raum verboten. Das Verbot zielt vor allem auf Burka- oder Niqabträgerinnen. Ob dieser Entscheid der Tessiner Bevölkerung Auswirkungen auf den Tessiner Tourismus hat, kann heute noch nicht beantwortet werden. Selten wurden Frauen mit einer Burka gekleidet im Grenzkanton gesehen. Touristen aus den Golfstaaten sind aber gute Kundinnen und Kunden in den Juweliergeschäften in Lugano und Locarno. Ob diese sich in einer Gesellschaft wohl fühlen, die das Tragen einer Burka oder Niqab unter Strafe stellen, darf zumindest gestellt werden.

Ich gebe zu: Auch ich habe mit grossen Augen auf die mit einer Burka bekleidete Frau gestarrt, die ich vor zwei Jahren in der Stadt Bern gesehen habe. Es ist für mich klar: Der Zwang zum Tragen einer Burka ausserhalb der eigenen privaten Räume ist ein massiver Eingriff in die persönliche Freiheit.

Die Integration und die persönliche Entwicklung in unserer Gesellschaft werden dadurch massiv erschwert. Daran ändert sich auch nichts, wenn Mädchen oder junge Frauen diese Verhüllung „freiwillig“ tragen. Die Gesichtsverhüllung trennt und isoliert. Und es fällt mir schwer, die Burka nicht als Symbol der Unterdrückung der Frau zu begreifen.

In der Schweiz gibt es – ausser bei wenigen Touristinnen – kaum Burkas. Gemäss Bericht des Bundesrats verhüllen in der Schweiz weniger als 150 Frauen ihr Gesicht. Die Frage eines Verbots – das vernünftigerweise nur hier ansässige Musliminnen betreffen könnte – stellt sich deshalb zurzeit nicht. Bei hier ansässigen Migrantinnen wäre das Tragen einer Burka zwar als klares Indiz für eine (noch) nicht erfolgte Integration zu werten. In der Realität sind es aber zum Grossteil in der Schweiz aufgewachsene Konvertitinnen, die eine Gesichtsverhüllung tragen und einem Islam folgen, der enorm konservativ und gegen die Grundrechte und die Menschenrechte für alle gerichtet ist. Diese Ideologie ist das Problem, diese Ideologie macht Angst, ausgedrückt durch ein Stück Stoff. Ziel muss deshalb sein, die Burkaträgerin dazu zu bewegen, die Burka aus freien Stücken abzulegen.

Klar ist: Mit einer Initiative, die in der Bundesverfassung das Tragen einer Burka unter Strafe stellt, kann Stimmung gemacht werden. Stimmung gegen den Islam, gegen MuslimInnen und generell gegen alles Fremde. Zur Lösung echter Fragen und Probleme wird diese Initiative aber sicher nicht beitragen.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Andy Tschümperlin

Andy Tschümperlin

Fraktionspräsident, Mitglied des Präsidiums

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