Montassar BenMrad ist Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS). Er verurteilt in der SRF-Samstagsrundschau vom 27. Mai 2017 das Attentat von Manchester. Und kündigt zudem eine Charta an, in der sich die Muslime in der Schweiz verpflichten, Gesetze und Verfassung zu respektieren. Einen Schritt, den die albanischen Muslime bereits hinter sich haben: Die Vereinigung albanischer Imame hat zusammen mit der Gemeinschafft muslimischer Albaner bereits am 20. März 2017 eine solche Charta verabschiedet.
Und das wird von ihnen ja auch erwartet. Und nicht nur von ihnen. So fordert der CVP-Präsident Gerhard Pfister auch von der SP ultimativ, dass sie islamistische Attentate verurteile und mithelfe, darüber zu sprechen, «wie wir unsere Werte verteidigen können – auch in der Schweiz.»
Eine gute Idee, finde ich, solche Erwartungen. So dürfen wir bald auch von den Schützenvereinen erwarten, dass sie sich jeweils von Tötungsdelikten mit Schusswaffen distanzieren und darauf hinweisen, dass nicht alle Waffenträger potenzielle Mörder seien. Und der schweizerische Nutzfahrzeugverband sollte jeweils in Erinnerung rufen, dass Attentate mit Lastwagen nicht mit seiner – dem Rechtssystem verpflichteten – Verbandspolitik vereinbar seien. Und die Waffenfabrik RUAG könnte präzisieren, dass sie zwar auch todbringendes Werkzeug produziere, aber die «Mutter aller Bomben» nicht aus ihrem Hause stamme. Und so weiter…
Eine Charta der schweizerischen Politik
Vor allem aber ist es Zeit für eine Charta der schweizerischen Politik. Die Bunderatsparteien sollten sich zusammenraufen (und andere dazu einladen), um sich ausdrücklich zu verpflichten, das schweizerische Wertesystem zu respektieren, wie es in der Bundesverfassung verankert ist. Die Charta könnte etwa folgenden Wortlaut haben:
Wir, die politischen Parteien in der Schweiz, setzen alles daran, die grundlegenden Werte der Schweiz, wie sie in der Bundesverfassung verankert sind, zu respektieren und zu stärken. Dies auch und vor allem in Zeiten der Globalisierung und der verstärkten Migration. In diesem Zusammenhang sind uns folgende Punkte besonders wichtig:
- Wir sind uns gewiss, dass die Stärke des Volkes sich am Wohle der Schwachen misst. (Präambel BV).
Wir bekämpfen deshalb mit aller Kraft die soziale Ungleichheit.
- Wir verpflichten uns, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (Art. 1.1).
Das gilt auch für Menschen mit Migrationshintergrund.
- Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, oder der religiösen Überzeugung. (Art.1.2).
Das gilt auch für Migrantinnen und Migranten.
- Wer in Not gerät, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind (Art.12).
Das gilt auch für Menschen auf der Flucht.
- Jede Person hat das Recht, ihre Religion frei zu wählen, einer Religionsgemeinschaft beizutreten und allein oder in Gemeinschaft mit anderen ihre Religion auszuüben (Art.15).
Das gilt auch für Angehörige einer islamischen Religion.
- Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. (Art.25).
Das gilt auch für Eritreer, Iraker und Tamilen.
- Wir setzen uns dafür ein, dass jede Person die für ihre Gesundheit notwendige Pflege erhält; dass Erwerbsfähige ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu angemessenen Bedingungen bestreiten können; dass Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können; (Art.41).
Das gilt auch für wenig qualifizierte Personen und Menschen mit fremdländischem Namen.
- Diese Liste wird bei Gelegenheit fortgesetzt.
Wir werden in der laufenden Legislatur unsere Sozial-, Wirtschafts- und Migrationsgesetzgebung überprüfen und alles daransetzen, diese grundlegenden Werte Realität werden zu lassen.
Ich freue mich darauf!