Der Bund muss alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um die zusätzlichen Gesundheitskosten abzufedern, befriedigende Arbeitsbedingungen und Sicherheitsvorkehrungen für das Personal im Gesundheitswesen sicherzustellen sowie alle zusätzlichen Betreuungskapazitäten aufzubieten. Schliesslich muss auch auf die psychische Gesundheit und die Vermeidung häuslicher Gewalt fokussiert werden.
Die dringend nötigen Massnahmen im Überblick:
Finanzielle Massnahmen
- Es darf nicht sein, dass die Prämien im nächsten Jahr explodieren. Deshalb braucht es zusätzliche finanzielle Mittel für die stationären Behandlungen in den Spitälern und für verschreibungspflichtige Medikamente gegen Corona. Der Bund soll während der Corona-Krise den Kostenanteil der Krankenversicherer von 45 % übernehmen (die restlichen 55 % zahlen die Kantone). So können die Prämienzahlenden entlastet werden.
- Der Anspruch auf Prämienverbilligung soll auch nach dem Stichtag und auf Grund der aktuellen Einkommenssituation geltend gemacht werden können.
- Der Bund soll Franchisen und Selbstbehalte bei Corona-bedingten Behandlungen übernehmen. Dies schliesst auch psychiatrische und psychologische Behandlungen ein.
- Betreibungen und Leistungseinstellungen infolge von Zahlungsschwierigkeiten bei der Begleichung der Krankenkassenprämien müssen während der nächsten sechs Monate ausgesetzt werden. Die «schwarzen Listen» für säumige Prämienzahlende sind per sofort ausser Kraft zu setzen.
Unterstützung des Gesundheitspersonals
- Der Bund muss das Gesundheitspersonal – wie auch das Reinigungs- und Administrativpersonal im Gesundheitsbereich –unterstützen, damit dieses seine Aufgabe gut und genügend geschützt wahrnehmen kann. Überstunden und Inkonvenienz-Zulagen (etwa Entschädigungen für Nachtdienste oder für gefährliche Arbeit) müssen vergütet werden. Das Arbeitsgesetz und die entsprechenden Verordnungen können nur mit Zustimmung des betroffenen Personals ausgesetzt werden. Genügend Pausen und Ruhezeiten für das Personal sind unabdingbar.
- Es muss genügend Schutzmaterial zur Verfügung gestellt werden, sei es im stationären oder ambulanten Bereich, für Institutionen oder Freiberufliche. Dies gilt für Ärzt_innen, Pflegefachpersonen, Reinigungs- und Administrativpersonal, Personal in Alters- und Pflegeheimen, Hebammen sowie Physio- und Ergotherapeut_innen, die nicht verschiebbare Leistungen ausführen.
- Für die Hausärzt_innen braucht es eine temporäre Revision des Tarifs für ambulante ärztliche Leistungen (Tarmed), damit die telefonische Betretung von Corona-Verdachtsfällen oder Corona-Patient_innen anerkannt wird. Die Limite für «Leistungen in Abwesenheit», welche die Ärztinnen und Ärzte den Kassen verrechnen können, muss aufgehoben oder zumindest deutlich heraufgesetzt werden.
- «Telemedizinisch» erbrachte Leistungen müssen auch im nicht-ärztlichen Bereich abgegolten werden.
- Der Bund muss die Rekrutierung von zusätzlichem Personal – insbesondere von ehemaligen Gesundheitsfachkräften – unterstützen. Dabei braucht es eine einheitliche Regelung für alle Kantone.
- Interkantonale Solidarität: Kantone mit weniger Corona-Patient_innen stellen Betten zur Verfügung für Patient_innen, die dringend Spitalbehandlungen benötigen. Dies muss nicht auf Covid-Patient_innen beschränkt sein. Die Koordination unter den Spitälern ist zu verstärken, insbesondere bei freien Kapazitäten.
Material und Medikamente
- Die Beschaffung von genügend Infrastruktur und Material – beispielsweise von Atemgeräten – muss weiter intensiviert werden.
- Der Bund muss Firmen unterstützen, die Material und Impfstoffe im Inland produzieren. Darunter fallen auch Firmen, die solches Material heute noch nicht produzieren, dies aber könnten.
- Der Aufbau provisorischer Notspitäler und die Stärkung der öffentlichen Spitäler sind voranzutreiben. Es können auch geschlossene Stationen wieder geöffnet werden.
- Die Corona-Testkapazitäten sind auszuweiten. Serologietests müssen aufgebaut und breit zugänglich gemacht werden.
- Es braucht eine temporär erleichterte Zulassung von Medikamenten aus der EU für seltene und schwerwiegende Krankheiten.
Psychische Gesundheit und häusliche Gewalt
- Der Zugang zu Psychotherapien und psychologischen Behandlungen muss erleichtert werden. Die Limitierung auf zehn Sitzungen pro Verordnung ist aufzuheben.
- Die Krankenkassen müssen auch telefonische sowie Online- bzw. Video-Beratungen durch Fachpersonen – Psychotherapeut_innen, Psychiater_innen und Pflegefachpersonen – vergüten.
- Häusliche Gewalt: Informationen zu Beratungsangeboten müssen flächendeckend zugänglich gemacht, die Koordination zwischen verantwortlichen Behördenstellen muss verstärkt werden.
- Für Hilfesuchende braucht es den Aufbau einer nationalen 24-Stunden-Hotline.
- Oft ist die Schule der erste Ort, wo häusliche Gewalt erkannt wird. Bleiben die Schulen länger geschlossen, sollten Lehrpersonen regelmässig auch physisch mit den Kindern Kontakt aufnehmen, selbstverständlich unter Beachtung der geltenden Schutzbestimmungen.