«Es stünde dem Bundesrat gut an, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären», sagt SP-Ständerat Paul Rechsteiner. «Er könnte dies etwa durch eine entsprechende Erklärung oder eine Einladung an die Landeskirchen zum Läuten der Glocken zum Ausdruck bringen.» Auch sollte die Schweiz den 8. Mai nutzen, um über ihren Beitrag an die globalen und europäischen Institutionen zu diskutieren, die sich zum Ziel gesetzt haben, künftige Geschlechter vor der Geissel des Krieges zu bewahren, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zweimal unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat.
Die Schweiz könnte zudem europäisch und global koordiniert eine bestimmte Zahl besonders bedrängter Flüchtlinge aufnehmen und einen substanziellen zusätzlichen finanziellen Beitrag an die UNO-Flüchtlingsagentur UNHCR sprechen, die in Krisengebieten unverzichtbare Hilfe leistet. Denn das migrationspolitische Verhalten der Schweiz während der Nazi-Zeit gehört zu den problematischsten Kapiteln ihrer Geschichte. Laut der 1996 ins Leben gerufenen Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg («Bergier-Kommission») betrieb die Schweiz eine zu restriktive und antisemitisch geprägte Flüchtlingspolitik, die menschlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien widersprach. «Zehntausende Flüchtende wurden an den Landesgrenzen zurückgewiesen, obschon die Behörden wussten, was mit ihnen geschehen würde», sagt Paul Rechsteiner.
Der Bundesrat hat trotz mehrfacher Ankündigung bis heute nie seine Schlussfolgerungen aus dem 2002 veröffentlichten Bergier-Bericht gezogen. «Das muss jetzt endlich nachgeholt, und es müssen die richtigen Konsequenzen daraus gezogen werden», sagt Paul Rechsteiner. «Es muss an jene Menschen erinnert werden, die damals gegen die antisemitischen Weisungen aus Bern tödlich bedrohten Flüchtlingen halfen und dafür strafrechtlich verurteilt wurden.» Vor allem aber geht es darum, heute konkrete Solidarität gegenüber Menschen in grösster Not zu beweisen – insbesondere Menschen, die zur Flucht gezwungen sind. «Es ist nie zu spät, um aus der Geschichte zu lernen. Gerade in Krisenzeiten kann die gesellschaftliche und internationale Solidarität wieder und neu belebt werden.»