Von Fabian Molina, Nationalrat ZH
Die Ukraine befindet sich im dritten Jahr ihres Verteidigungskampfs gegen die russischen Invasoren. Seither sind unzählige Städte und Dörfern zerstört und ganze Landstriche vermint worden. Die ukrainische Wirtschaft ist grösstenteils zum Erliegen gekommen. Zehntausende Menschen haben ihr Leben verloren, viele mussten flüchten. Nach Schätzungen leben heute noch rund 30 Millionen Menschen in der Ukraine, 11 Millionen weniger als vor dem Krieg. Noch ist völlig offen, wann und wie der fürchterliche Angriffskrieg enden wird. Aber schon heute wird deutlich, dass die Ukraine dannzumal grossen Problemen gegenüberstehen und internationale Hilfe beim Wiederaufbau benötigen wird.
Entwicklungszusammenarbeit müsste quasi eingestellt werden
In der zurückliegenden Frühjahrssession hat sich die SP-Fraktion für den Ausbau der humanitären Minenräumung durch die Schweiz eingesetzt. Auch ist es richtig, dass Bundesrat Cassis bereits frühzeitig den Schweizer Beitrag für den Wiederaufbau der Ukraine klären will. Völlig inakzeptabel ist aber die geplante Finanzierung. Aktuell ist vorgesehen, dass der Betrag von 5 bis 6 Milliarden Franken für einen Wiederaufbau-Fonds zu Lasten der Entwicklungszusammenarbeit geht. Das würde bedeuten, dass die Arbeit der Schweiz in den ärmsten Ländern des Globalen Südens praktisch eingestellt werden müsste. Auch plant Cassis, den Wiederaufbau der Ukraine zu einem Investitionsförderungsprojekt für Schweizer Konzerne zu machen. Die Idee: Die Schweiz finanziert in Absprache mit der Schweizer Wirtschaft jene Bereiche, die für Firmen besonders attraktiv sind, und erleichtert den Unternehmen damit den Marktzugang.
Oligarchengelder für den Wiederaufbau
Der Wiederaufbau der Ukraine darf nicht auf Kosten der Ärmsten dieser Welt gehen, die bereits heute unter Hunger und Armut leiden. Die Ukraine-Finanzierung muss über in der Schweiz blockierte russische Oligarchengelder, über die Mehreinnahmen aus der OECD-Mindeststeuer oder auch aus anderen Quellen erfolgen. Zudem muss sich der Wiederaufbau an den Prinzipien der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung orientieren. Diese setzt Direktinvestitionen voraus, verlangt die Schaffung guter Arbeitsplätze, die Förderung der Arbeitsrechte und den Schutz der Umwelt. Benötigt werden somit direkte Finanzierungshilfen für den Staat und Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft.
Wie Solidar Suisse in der Ukraine hilft
In den ersten Monaten nach der russischen Invasion unterstützte Solidar Suisse aus der Ukraine geflüchtete Menschen im Nachbarland Rumänien. Dank einer Anlaufstelle konnten die Geflüchteten das Erlebte besser verarbeiten und sich in der neuen Realität zurechtfinden – auch die SP rief damals als Trägerorganisation des Hilfswerks zu Spenden auf. Bald wurde Solidar Suisse in der Ukraine selbst aktiv und arbeitet heute in den Oblasten Transkarpatien und Dnipropetrovsk mit lokalen Partnerorganisationen zusammen. Diese Organisationen bieten vor allem Frauen und Kindern psychologische Unterstützung an und stärken die sozialen Kompetenzen. In der Vergangenheit erhielten die am meisten betroffenen Menschen finanzielle Unterstützung, um ihre Grundbedürfnisse zu decken und Heizgeräte für den eisigen Winter anzuschaffen. Zudem wurden Menschen aus stark umkämpften Gebieten im Osten des Landes evakuiert. Diese Unterstützung wird Solidar Suisse auch im dritten Kriegsjahr weiterführen.