Dabei gibt es Bereiche, die gerade jetzt dringend kompetente Unterstützung brauchen können. Einer davon – immer wieder an den Rand gedrängt – ist die Schule. Zivildienstleistende, die etwa an pädagogischen Hochschulen studieren oder in Ausbildung zum Fachmann bzw. zur Fachfrau Betreuung stehen, können in der Schule wertvolle Hilfe bieten. Dies wurde schon 2012 anlässlich einer vorausschauenden Evaluation durch die Erziehungsdirektion Bern festgehalten. 2015 nahmen die eidgenössischen Räte das Schulwesen explizit in den Katalog der Zivildienst-Tätigkeitsbereiche auf.
Das Coronavirus fordert von unserer Schule bisher ungewohnte Massnahmen. Kurzfristig musste die Situation zuerst verstanden und analysiert werden. Schliesslich wurde zugunsten aller entschieden und gehandelt. Die Schulen haben das grundsätzlich hervorragend gemacht.
Nach dem Fernunterricht können die Volksschulen am 11. Mai 2020 öffnen. Dafür ist ein Schutzkonzept erforderlich, das gewährleistet, dass das Übertragungsrisiko für die Kinder und Jugendlichen sowie für die in der Schule tätigen Personen minimiert wird. Das ist für alle Beteiligten anspruchsvoll und erfordert Disziplin sowie vor allem zusätzliches Personal. Hier könnte und sollte dem Zivildienst eine zentrale Rolle zukommen.
Einsätze von Zivildienstleistenden haben sich in fast allen Bereichen der Schule bewährt. Zivis unterstützen die Lehrkräfte während und fern des Unterrichts. Dies entlastet das Schulpersonal, das heute durch die zusätzlichen Anforderungen aufgrund der Pandemie stark belastet wird. Die Fachpersonen sind so eher in der Lage, sich vermehrt auf die inhaltliche Arbeit zu konzentrieren, was langfristig zu einer qualitativen Verbesserung ihrer Tätigkeit und zu einer Steigerung ihres Wohlbefindens führt. Zudem wird die Betreuung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht verbessert, wenn die Lehrpersonen in begleitenden Bereichen entlastet werden. Auch ausserhalb des Unterrichts können die anfallenden Arbeiten durch die Unterstützung von Zivildienstleistenden besser getragen werden.
Ende April 2020 waren in den Bereichen Pflege, Betreuung und Schulen schweizweit gut 4200 Zivis im Einsatz, davon rund 230 Zivis in eigentlichen Notlageneinsätzen. Ihre Pflichtenhefte sind spezifisch darauf ausgerichtet, die jeweiligen Einsatzbetriebe – namentlich Spitäler, Heime und Asylzentren – in der Bewältigung der Corona-Krise zu unterstützen. Der Zivildienst hat aber das Potenzial, weit mehr zu leisten.
Von aussen betrachtet, hat die Vollzugsstelle für den Zivildienst (ZIVI) bisher allzu zögerlich gehandelt. Zudem scheinen auch die Kantone und zuständigen Stäbe – namentlich das Ressourcenmanagement des Bundes – allzu oft vorschnell nach der Armee und dem Zivilschutz gerufen zu haben, statt den gut ausgebildeten und nachhaltig einsetzbaren Zivis den Vortritt zu lassen. Innert zwei bis vier Wochen sind Tausende von Zivis einsatzbereit – sei es gestützt auf Eigeninitiative (Art. 4 ZDG) oder gestützt auf Artikel 14 ZDG, der dem Bund die Kompetenz gibt, ausserordentliche Zivildienstleistungen zur Bewältigung der Folgen von ausserordentlichen Lage anzuordnen. Beides sollte mit Blick auf eine allfällige zweite Welle jetzt geprüft und in Eventualplanungen vorbereitet werden.
Stattdessen hat die ZIVI-Behörde die Schwelle für Notlageneinsätze von Zivildienstleistenden mitten in der Corona-Krise ohne erkennbaren Grund gar noch erhöht. Sie kommunizierte am 14. März: «Das Bundesamt ZIVI heisst Begehren für den Einsatz von Zivis zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie und zur Regeneration nur gut, wenn sich Personalressourcen nicht temporär rekrutieren lassen (bspw. durch Freiwillige…).» Es gibt aber keine rechtliche Grundlage, um den Zivildienst allein subsidiär zu Freiwilligen einzusetzen. Das ZDG Art. 4 Abs. 3 sieht das genaue Gegenteil vor: in Notlagen können Zivis selbst dann eingesetzt werden, wenn die sonst üblichen Voraussetzungen nicht alle erfüllt sind.
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