Die 7 grössten Widersprüche der No-Billag-Befürworter

NEIN zur No-Billag-Initiative

Die No-Billag-Volksinitiative schlägt eine eigentliche Umwälzung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der audiovisuellen Landschaft unseres Landes vor. Eine Volksinitiative zu lancieren, ist ein indiskutables Grundrecht, doch ein Minimum an Kohärenz und Aufrichtigkeit sollten die StimmbürgerInnen dabei erwarten dürfen.
Die No-Billag-Volksinitiative schlägt eine eigentliche Umwälzung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der audiovisuellen Landschaft unseres Landes vor. Eine Volksinitiative zu lancieren, ist ein indiskutables Grundrecht, doch ein Minimum an Kohärenz und Aufrichtigkeit sollten die StimmbürgerInnen dabei erwarten dürfen. Nun zeigt die Lancierung der Abstimmungskampagne durch die BefürworterInnen, dass das Volksbegehren von krassen Widersprüchen nur so strotzt. Sieben von ihnen sind fundamentaler Art.

Widerspruch 1: Inhalt und Auswirkungen des eigenen Initiativtextes verleugnen

Der No-Billag-Verfassungstext untersagt die Erhebung einer Radio- und TV-Empfangsgebühr, den Betrieb von Radio- oder TV-Stationen sowie jegliche Subventionierung durch den Bund. Als einzige Ausnahmen lässt der Wortlaut des Textes die Ausstrahlung von dringlichen amtlichen Mitteilungen gegen Bezahlung und den Betrieb einer Fernseh- oder Radiostation in Kriegszeiten zu.

Offenbar selber etwas erschrocken über den Radikalismus des Textes, geben die BefürworterInnen nun plötzlich an, dass es dem Bund möglich wäre, über das ordentliche Budget Fernsehsendungen zu unterstützen, die er für nötig hält. Es handelt sich um ein plumpes Manöver, um von der Sprengkraft der No-Billag-Bombe abzulenken. Nicht zum Wortlaut der eigenen Initiative zu stehen, ist ja schon mal nicht sehr ruhmreich. Schlicht inakzeptabel aber wird es da, wo man die Auswirkungen eines unmissverständlich formulierten Textes verleugnet, um die demokratische Debatte zu verfälschen.

Widerspruch 2: Direkte politische Kontrolle über das Fernsehen schaffen und dabei behaupten, man wolle die SRG aus den Klauen des Staats befreien

Die No-Billag-Verfechter werfen der SRG unablässig vor, sie sei ein «Staatsfernsehen», «zu nahe am politischen Machtzentrum und dessen Einfluss zu stark unterworfen». Mit ihrer Initiative soll diese angebliche Nabelschnur durchtrennt werden.

Nur: Ihr Vorschlag, der Bund solle gewisse als nützlich erachtete Sendungen über das allgemeine Budget unterstützen können, geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Die Politik hätte so einen direkten Einfluss bei der Auswahl der unterstützungswürdigen Leistungen. Man müsste sich auf Handgemenge im Parlament gefasst machen zwischen jenen, die eine Sendung weiterhin unterstützen, und jenen, die sie abschiessen möchten. Damit entstünde eine direkte Verbindung zwischen der politischen Bühne und den Radio-/TV-Programmen. Genau dies verhindert die heutige Struktur, dank einer Finanzierung, die unabhängig vom Staatsbudget erfolgt.

Widerspruch 3: Den Einfluss der SRG auf den Werbemarkt vermindern, während ihre Werbeeinnahmen steigen sollen

Seit jeher werfen die No-Billag-Verfechter der SRG vor, sie nehme eine dominierende Stellung im Werbemarkt ein, was auf Kosten der privaten Medienhäuser gehe. Sie hoffen, dass eine drastisch abgespeckte SRG kleinere Stücke vom Werbekuchen abschneidet, was vor allem den Printmedien zugute kommen soll.

Nur: Anlässlich der Lancierung ihrer Kampagne haben die No-Billag-Verfechter einen Plan B präsentiert, der – völlig entgegen dem, was sie anfänglich wollten – eine Erhöhung der Werbeeinnahmen der SRG vorsieht. Der Widerspruch ist dermassen krass, dass der wahre Wille der InitiantInnen unergründlich scheint. Kommt dazu, dass der Werbeanteil der SRG durch Facebook, Google, YouTube und andere heute schon stark bedroht ist. Wenn denn der nebulöse Plan B der No-Billag-Stützen wirklich darauf setzt: Die Vorstellung eines wachsenden Werbekuchens ist vollkommen illusorisch.

Widerspruch 4: Die SRG drastisch verkleinern – und sie unverändert beibehalten

In den Augen der No-Billag-Verfechter ist die SRG zum Riesen-Dinosaurier geworden, der eine marktbeherrschende Stellung in der Medienlandschaft erobert hat, alle Aufmerksamkeit auf sich zieht und jede Innovation verhindert. Ein Ja zu No Billag würde es also ermöglichen, die SRG drastisch zurückzustutzen.

Nur: Bei der Lancierung ihrer Abstimmungskampagne haben die No-Billag-Stützen eine diametral entgegengesetzte Haltung eingenommen. Die Qualitäten der SRG sind auf einmal immens. Man müsse sie darum unverändert aufrechterhalten können. Keine Rede mehr davon, sie abzuspecken, geschweige denn abzuschaffen. Dank ihren Qualitäten könne sie sich problemlos behaupten, trotz Abschaffung der Empfangsgebühr und totaler Privatisierung. Aus dem argumentativen Schlingerkurs der InitiantInnen ist zu schliessen, dass der öffentlich-rechtliche Dinosaurier sterben soll, während ein privater Tyrannosaurus willkommen wäre.

Widerspruch 5: Die SRG privatisieren – und Qualitätsansprüche stellen

Eine der mantramässig wiederholten Forderungen der InitiantInnen lautet, die SRG solle sich auf die «gehaltvollen» Sendungen konzentrieren. Unter Qualitätssendungen verstehen die No-Billag-Verfechter offenbar die Informationssendungen, die Gefässe für Recherchierjournalismus, die Eigenproduktionen sowie die auf gesellschaftliche – vor allen Dingen auch sprachliche – Minderheiten ausgerichteten Sendungen. Logischerweise zeichnen sich diese Leistungen durch hohe Produktionskosten aus, und noch gesalzener ist die Rechnung, wenn man die Kosten auf die Anzahl ZuschauerInnen umlegt.

Nur: Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass kommerzielle Fernsehsender genau die gegenteilige Strategie verfolgen müssen, wenn sie überleben wollen. Billigsendungen zu machen, ohne das Studio zu verlassen, und aufs Massenpublikum abzuzielen, ist ihre einzige Chance, die Produktionskosten im Rahmen zu halten. Zudem müssen diese wenig anspruchsvollen Sendungen auch noch mit langen Werbesequenzen gespickt sein, damit die Rechnung aufgeht. Die SRG zur Jagd auf den Werbemärkten schicken und sie gleichzeitig voll privatisieren zu wollen – und obendrauf zu verlangen, sie solle sich ausschliesslich auf Qualitätssendungen konzentrieren –, ist darum hochgradig widersprüchlich.

Widerspruch 6: Behaupten, die SchweizerInnen würden Abos einer privatisierten SRG lösen, während ihre Lieblingssendungen bachab gehen

Die InitiantInnen anerkennen die Qualität dessen, was die SRG leistet. Sie bestreiten weder ihre Professionalität noch ihren durch die guten Publikumszahlen ausgewiesenen Erfolg. Mehr noch, sie stützen ihren Willen, die SRG zu privatisieren, auf die Verbundenheit der SchweizerInnen mit ihren Lieblingssendungen. Laut ihnen werden die Leute ganz von sich aus für Radio- und TV-Sendungen bezahlen, weil sie diese eben schätzen.

Nur: Auch diese Überlegung ist in sich höchst widersprüchlich. Eine privatisierte SRG wäre sehr rasch nicht mehr in der Lage, die Leistungen zu erbringen, die Erfolgsgaranten der heutigen SRG sind. Das Angebot würde zwangsläufig reduziert und standardisiert; es würde sich mehr und mehr dem im Ausland produzierten Einheitsbrei angleichen. Es ist deshalb illusorisch zu meinen, das SRG-Publikum würde ein Produkt bestellen und dafür bezahlen, das so gar nicht mehr im Angebot ist.

Widerspruch 7: Die Gebührenlast für die Bürgerinnen und Bürger senken – und im gleichen Atemzug Pay-TV einführen

In Endlosschleife wiederholen die InitiantInnen, das Empfangsgebührensystem sei ungerecht, weil alle EinwohnerInnen gleich viel bezahlten, obwohl ihr Radio- und Fernsehkonsum sehr unterschiedlich sei. Aus ihrer Sicht könnten die Haushalte mit der Abschaffung der Gebühr und der Bezahlung via Abonnement oder von Einzelsendungen beträchtliche Summen sparen.

Entgegen dem schönen Schein ist dieses Argument unhaltbar, selbst für einen Einsiedler am Rand der Gesellschaft, der sich für nichts interessiert. In Tat und Wahrheit profitiert selbst jener, der abgeschieden lebt, vom Umstand, dass Radio und Fernsehen zur Erziehung, zur Bildung, zur sozialen Stabilität und zum guten Funktionieren der Demokratie beitragen, was ihm den Frieden im Refugium gewährleistet. Vor allem aber will eine erdrückende Mehrheit der SchweizerInnen am gesellschaftlichen Leben teilhaben – und sähe sich gezwungen, audiovisuelle Leistungen einzukaufen.

Mit grösster Wahrscheinlichkeit wäre es allerdings so, dass der Durchschnittskonsument für den Kauf eines Basisabonnements und von zusätzlichen Einzelsendungen auf Netflix, Google oder einer andern Plattform am Ende einiges mehr als die 365 Franken pro Jahr aufwerfen müsste, welche die neue Empfangsgebühr kosten wird. Wobei die Kosten für Kreditkarte, Kommerzialisierung und Werbung für die Sendungen, für die ein gehöriger Verwaltungsapparat nötig wäre, noch nicht eingerechnet sind. Unter dem Strich wäre die Zerstörung der allgemeinen Gebühr ein Verlustgeschäft – höhere Rechnung für den gleichen Produktionsumfang! Auch hier: Der totale Widerspruch zwischen dem, was No Billag angeblich soll, und dem, was Pay-TV effektiv brächte.

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