Die AHV ist kein Sanierungsfall

AHVplus: Nationalratsdebatte vom 16. Dezember 2015

Wenn man die Leute auf den Zustand der AHV anspricht, äussern sie sich skeptisch. Sie glauben, das Sozialwerk sei in Schieflage. Wenn man dann mit ihnen die AHV-Webseite besucht und die Zahlen anschaut, reagieren sie erstaunt. Denn dann realisieren die Leute, dass die AHV im letzten Jahr einen Überschuss von 1,7 Milliarden erzielt hat. Und dass die AHV schwarze Zahlen schreibt. Und dass die AHV seit fast 70 Jahren praktisch kein Finanzierungsproblem hat.

Warum diese Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Tatsache? Weil Teile der Bürgerlichen die AHV konsequent schlechtreden. Sie ist ein Beispiel dafür, wie man der Bevölkerung mit viel PR das Gegenteil dessen vormachen kann, was wirklich ist. In den letzten 25 Jahren malten Experten und Bundesräte regelmässig das Gespenst der Demografie an die Wand und sagten der AHV x-mal den Kollaps voraus. Doch sie lagen alle falsch. Alle Prognosen erwiesen sich als Wortschrott. Die AHV ist solid. Im Reservetopf liegen 44 Milliarden!

Grund für die Robustheit der AHV ist, dass die Alterung der Bevölkerung eine viel geringere Rolle für die Finanzierung spielt als behauptet wird. Viel wichtiger für die AHV sind Produktivität und Gesamtlohnsumme. Je grösser das Wirtschaftswachstum, je höher die Beschäftigung und je besser die Löhne, desto eher bewältigt die AHV dank Umlageverfahren und fixem Bundesbeitrag die Demografie. Die steigende Produktivität hat dazu geführt, dass die erwerbstätige Bevölkerung von Jahr zu Jahr mehr AHV-Renten finanzieren kann, ohne dass die Beitragszahler zusätzlich belastet werden.

Das beweist der Blick zurück: Obwohl seit 1975 die AHV-Beiträge von 8,4 Prozent nie mehr erhöht wurden und sich die Zahl der Rentnerinnen und Rentner seither von 900‘000 auf über 2 Millionen verdoppelt hat, ist die AHV gesund geblieben.

Daran wird auch die Babyboomer-Generation kaum etwas ändern. Zwar wird sie den AHV-Fonds belasten, aber nur vorübergehend. Denn auch Babyboomer leben nicht ewig!

Diese Zusammenhänge sind den Bürgerlichen bekannt. Aber sie blenden sie bewusst aus. Eine funktionierende AHV passt nicht in das Konzept ihrer Kundschaft. Und diese Kundschaft sind die Reichen und Superreichen, die möglichst wenig in die AHV einzahlen wollen. Und es sind die Banken und Versicherungen, die gute Geschäfte mit der privaten Altersvorsorge machen, wenn die Menschen kein Vertrauen mehr haben in die AHV.

Nun, da das Projekt Altersvorsorge 2020 ansteht, machen die falschen Propheten erneut Stimmung gegen die AHV und predigen den Abbau.

Darum hat die Desinformation System. Auch jetzt wieder. Nun, da das Projekt Altersvorsorge 2020 ansteht, machen die falschen Propheten erneut Stimmung gegen die AHV und predigen den Abbau. Die Gefahr, dass sie sich durchsetzen, ist nach dem Rechtsrutsch vom Herbst real.

Umso wichtiger ist es, mit der Volksinitiative AHVplus Gegensteuer zu geben. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung ist auf eine gut ausgebaute AHV angewiesen, um ein würdiges Leben im Alter führen zu können. Daher muss das Gemeinwohl Vorrang haben vor den Interessen der Banken und der Schweizer Geld-Elite.

Was die Initiative mit der Erhöhung der AHV-Rente um monatlich 200 bzw. 350 Franken verlangt, ist eine echte Stärkung der Mittelschicht. Dies aus drei Gründen:

  • Erstens hinken die AHV-Renten den Löhnen hinterher, weil die Lohnentwicklung bei der Rentenberechnung nur zur Hälfte berücksichtigt wird. Damit verlieren die AHV-Renten schleichend an Wert. Es ist daher Zeit, nach 40 Jahren endlich die AHV-Renten anzuheben.
  • Zweitens hat sich die berufliche Vorsorge BVG zum kollektiven Drama entwickelt. Tiefe Umwandlungssätze, eine schlechte Verzinsung und hohe Verwaltungskosten fressen den Menschen die teuer finanzierten BVG-Renten weg. Mit höheren AHV-Renten lässt sich dies zumindest teilweise kompensieren.
  • Drittens steigt die Zahl jener Rentnerinnen und Rentner wieder an, die Ergänzungsleistungen benötigen. Das ist ein Alarmsignal. Wenn wir nicht wollen, dass die Altersarmut zurückkehrt, müssen wir mit einer Rentenaufbesserung handeln.

Keine Frage ist, dass wir uns das leisten können. Wir hatten bisher genug Geld, um milliardenschwere Steuergeschenke an eine Elite zu verteilen. Jetzt ist die Bevölkerung an der Reihe, etwas zu bekommen. Genau das ist mit der AHVplus-Initiative machbar.

Wir hatten bisher genug Geld, um milliardenschwere Steuergeschenke an eine Elite zu verteilen. Jetzt ist die Bevölkerung an der Reihe, etwas zu bekommen. 

Für die Normalverdienenden bedeutet die Erhöhung der AHV-Beiträge um 0,4 Lohnpromille einen verkraftbaren Abzug von 30 bis 60 Franken monatlich. Für die Ermottis, Blochers, Grübels, Ackermanns, Brabecks und alle anderen Gross- und Millionen-Verdiener hingegen bedeutet die Initiative, dass sie schnell einmal ein paar tausend Franken mehr an AHV-Beiträgen im Monat zu zahlen haben.

Das ist auch richtig so. Darum funktioniert die AHV so gut: Weil alle proportional zu ihrem Einkommen einzahlen, die Renten aber plafoniert sind, findet eine Umverteilung statt. Die Reichen zahlen für die Schwächsten und bessern die Renten der Mittelklasse auf. Solange diese Umverteilung garantiert bleibt, so lange mag ich Blocher & Co. die AHV-Rente gerne gönnen.

Fazit: Mit einem Ja zur AHVplus-Initiative machen wir Politik für die grosse Mehrheit der Bevölkerung. Mit einem Nein machen wir Politik für die Geld-Elite.

Sie haben die Wahl. 

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