Wie unser Leben und Wirtschaften nachhaltiger werden kann bewegt Wissenschaft und Politik schon seit Jahrzehnten. Aktuell sind Energie und Raumplanung wieder sehr hoch auf der Traktandenliste. Einige Akteure beschränken sich darauf zu kritisieren. So schimpfen Swissmem und Scienceindustries über die Energiestrategie 2050, weil diese die Versorgungssicherheit gefährden würde. Gleichzeitig lehnen sie aber alle Vorschläge, die zu dieser Versorgungssicherheit beitragen könnten rundum ab. Oder der Gewerbeverband zieht mit Horrorbildern gegen das neue Raumplanungsgesetz los. Dies ohne auch nur den Hauch einer Idee zu liefern, wie die immensen wirtschaftlichen Kosten der Zersiedelung gedrosselt werden könnten.
Anders die Leute von Avenir Suisse: Sie heben sich erfrischend von den Nein-Sagern ab. Ihr Vorgehen verdient Respekt. Sie liefern Ideen. Darüber kann man Nachdenken und Diskutieren. Das haben wir gemacht:
Das Kapitel (12) zur Raumnutzung ist lesenswert und die Ideen ausgesprochen interessant Avenir Suisse liefert etwa einen Vorschlag, wie das neue Raumplanungsgesetz umgesetzt werden könnte, falls es denn angenommen wird. Vor dem Hintergrund, dass die Kantone vor sehr unterschiedlichen Herausforderungen stehen, schlägt Avenir Suisse vor, dass der Bund einen Drittel der Rückzonungskosten der überschüssigen Bauzonen übernehmen soll. Schliesslich hat er die gesetzeswidrigen Richtpläne einiger Kantone jahrzehntelang bewilligt. Diesen Vorschlag werde ich weiterverfolgen.
Auch die Idee das Waldgesetz zu lockern, finde ich persönlich bedenkenswert. (Box 17). Dass die Waldfläche für Wohnzwecke genutzt werden kann, sollte allerdings an strenge Bedingungen geknüpft werden. Im heutigen Wald sollen nur Siedlungen entstehen können, die direkt an überbautes Gebiet angrenzen und die eine hohe Wohndichte aufweisen.
Die Ideen zur Energiepolitik hingegen können uns nicht begeistern. Sie reihen sich mehr oder weniger nahtlos in das Konzert der Hilflosigkeit ein, welches liberale Politiker seit Fukushima veranstalten. Klimaschutz kommt bei den Rezepten nicht vor. Es muss dem liberalen Thinktank entgangen sein, dass seit Nicolas Sterns Klima-Bericht, die ganze Welt nach Lösungen zur Senkung des fossilen Energieverbrauchs sucht. Der Grund ist ein rein ökonomischer. Es gilt künftige Kosten zu vermeiden. Immerhin propagiert Avenir Suisse keine Atomkraftwerke. Offenbar ist die Botschaft angekommen, dass diese im Moment nicht nur gefährlich und unbeliebt sind, sondern auch viel zu teuer.
Die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), die inzwischen von 61 Ländern und 26 Teilstaaten umgesetzt wird, ist für Avenir Suisse des Teufels. Weil sie nicht technologieneutral ist. Statt dessen propagiert Avenir Suisse marktorientierte Steuerung. Dumm ist nur, dass es freien Strommarkt nirgends gibt. die Förderung wird überall technologiebezogen betrieben. Nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes. Weil die Schweiz das nicht konsequent tut, ist sie im internationalen Umfeld schlicht benachteiligt. Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerke werden im Umland viel konsequenter gefördert. Deshalb verliert diese Schweizer Branche den internationalen Anschluss.
Aber wirklich absurd ist die Forderung von Avenir Suisse, das Stromnetz und die Energieproduktion zu privatisieren. Eine ernsthafte Begründung fehlt. Avenir Suisse misstraut Kantonen und Gemeinden und behauptet doch tatsächlich, dass Private Anleger die Versorgungssicherheit stimulieren würden. Belegt wird das nicht. Avenir Suisse muss der Schweiz dann noch erklären, warum beispielsweise ein russischer Anleger ein grösseres Interesse an der Versorgungssicherheit in der Schweiz haben sollte als die Kantone und Gemeinden. Hier ist wohl der Wunsch oder besser gesagt der Glaube an den Markt Vater des Gedankens gewesen. Belegen lässt sich eher das Gegenteil: Werke wie die EWZ oder die IWB, welche heute sehr stark unter politischer Kontrolle sind, und somit nahe bei der Bevölkerung, liefern den Strom nicht nur zuverlässig und reibungslos. Sie liefern den Strom günstiger und umweltfreundlicher als die meisten Konkurrenten.
Die SP hat im Energiebereich andere Ideen:
KEV Deckel weg
Die SP möchte dass die Wettbewerbsnachteile der erneuerbaren Energien gegenüber dem Ausland beseitigt werden. Die damit verbundene Erhöhung liegt im Rahmen der Strompreissenkung des letzten Jahrzehnts und bringt endlich den Durchbruch für erneuerbare Energie. Deshalb hat sie die Cleantech-Initiative eingereicht.
Sparanreize
Auch die Einsparung soll sich lohnen. Die Schweiz soll nach Dänischem Modell die Sparer unter den Energieversorgern auf Kosten der Verschwender belohnen.
Effizienzvorschriften für Heizungen, Geräte und Fahrzeuge
Alle grossen fossilen Heizungsanlagen (> 1 MW) sollen ab 2025 durch solche mit einem höheren Wirkungsgrad ersetzt werden. Das wird Wärmekraftkopplungsanlagen, Solarwärme und Wärmepumpen fördern und den hohen Winterstrombedarf bedienen. Auch für andere Geräte sowie für Fahrzeuge sollen die Effizienzvorgaben weiter angehoben werden.
Beteiligung der Bevölkerung an der Energiewende
Anstatt Energie-Netze und Produktion fremden Aktionären zu überlassen will die SP die Bevölkerung stärker an der Energiewende partizipieren lassen. Die KEV ermöglicht dezentrale Energieversorgung, welche von regionalen Genossenschaften betrieben werden kann. Die Investitionen sollen vermehrt von Pensionskassen kommen. Wie in Graz oder Wien sollen die Kunden der Elektrizitätswerke die Möglichkeit erhalten sich an erneuerbaren Anlagen zu beteiligen und so von deren Rendite profitieren.
Ökologische Steuerreform
Die SP unterstützt die Idee langfristig die externen Energiekosten in den Energiepreis zu integrieren. Wer Gemeingüter verbraucht, soll die übrige Bevölkerung dafür abgelten. Wir wollen den Staat aber nicht von umweltschädlichen Gütern abhängig machen. Deshalb sollen die Lenkungsabgaben auf nicht erneuerbare Energie staatsquotenneutral an die Bevölkerung und die Firmen zurückbezahlt werden.
Boarder Tax Adjustment
Wenn sich die Lenkungsabgaben nicht international durchsetzen ist zu Vermeiden dass sie zu internationalen Wettbewerbsnachteilen führen. Deshalb soll die Lenkungsabgabe mittels Boarder Tax Adjustments auch auf die importierten Güter aus Ländern ohne Lenkungsabgaben geschlagen werden. Diese Zölle werden an die Exportfirmen rückverteilt.