Ich habe den Bundesrat gefragt, wie humanitäre Hilfe nach Rojava in Nordsyrien gelangen kann, wohin viele yezidische Frauen dank einem Korridor der dortigen kurdischen Miliz flüchten konnten. Zudem fragte ich, ob der Bundesrat Kenntnis von der äusserst schwierigen Lage namentlich der yezidische Frauen hat und welche Möglichkeit er sieht, den gefangenen Frauen Unterstützung und Hilfe zu bieten. Bundesrat Didier Burkhalter erklärte seine tiefe Betroffenheit über die dramatische humanitäre Lage in Syrien und dem Nordirak und verwies auf die Mitwirkung der Schweiz im UNO-Menschenrechtsrat, der sich den Menschenrechtsverletzungen in Irak und speziell jenen der IS-Extremisten angenommen hat. Der Bundesrat sei aber nicht in der Lage, genauere Angaben zu den yezidischen Frauen zu machen. Ermutigend sei aber, dass der UNO-Sicherheitsrat in seiner Resolution 2165 humanitäre Aktionen direkt über die syrische Grenze zulasse.
Die SP MigrantInnen organisierten am 24. September in Zürich einen Abend, um die Frage zu diskutieren, wer die IS-Extremisten stoppen kann und welche Rolle die Kurden dabei spielen können. Zu Besuch war Mala Bakhtiar, Leiter des Politbüros der Patriotischen Union Kurdistan (PUK) Irak. Die PUK gehört seit Jahrzehnten der Sozialistischen Internationale an und die SP Schweiz pflegt mit ihr direkte Kontakte. Viele Kurden (und nur zwei Kurdinnen) folgten der Einladung. Es entstanden angeregte Diskussionen. Mala hat die Situation aus seiner Sicht dargelegt: die Kurden werden nicht anerkannt; die IS entstand durch verschiedene Missstände (bspw. Perspektivlosigkeit der Jungen ); man sollte dringend genau diese Missstände bekämpfen; die Welt sei in Gefahr durch die IS; extreme Religionen, resp. die Extremisten in den Religionen, stellen immer eine grosse Gefahr dar; der Westen hat die aktuelle Situation unterschätzt.
Meine Meinung: wir müssen die Solidaritätsarbeit mit all jenen verstärken, welche den Menschen in der Region noch eine Hoffnung und Perspektive bieten können. Darunter gibt es besonders viele Kurden. Der Dialog mit ihnen ist aber oft dadurch erschwert, dass sie in zahlreiche politische Strömungen sowie auf vier Länder – Türkei, Syrien, Irak und Iran – aufgeteilt sind. Die Kurden könnten mehr erreichen, wenn sie sich untereinander auf der Grundlage der Menschenrechte auf einige zentrale Forderungen und eine gemeinsame Vision einigen könnten. Dabei muss die Frauenfrage prioritär behandelt werden, denn es gibt im Nahen und mittleren Osten wieder vermehrt Tendenzen – bspw. von Vielehen – die sich gegen die Frauen wenden. Da geht es nicht um die Religion, sondern um Traditionen. Geklärt werden müsste auch die weitere zentrale Frage, wie die Erdöl-Einnahmen verteilt werden sollen.
Forderungen sind auch an die Schweiz zu richten: Sie muss ihre humanitäre Hilfe vor Ort deutlich intensivieren und darf sie nicht allein über die Hauptstädte verteilen, sondern möglichst direkt über die Zivilgesellschaft. Auch muss der Bundesrat seine klare Solidarität mit jenen ausdrücken, die sich in der Region für ein multiethnisches und multikonfessionelles Zusammenleben einsetzen. Zudem gilt es, grosszügiger als bisher Flüchtlinge aus der Region aufzunehmen und die Rolle der Diaspora bei der Hilfe vor Ort zu klären.