Das Abstimmungsresultat vom letzten Sonntag zur 10. Asylgesetzrevision, die dem Referendum unterstellt wurde, ist unwiderruflich. Diese Schlacht – die nicht zu gewinnen war, ja nicht einmal wirklich zu beeinflussen, und der sich die sozialdemokratische Partei aus Mitverantwortung anschliessen musste – endete mit dem schlechtesten Resultat , das die Verteidiger des Asylrechts jemals erzielt haben.
Die unvermeidlichen Aufrufe, die Umsetzung der durch die Abstimmung vom Sonntag gut geheissenen Massnahmen aufmerksam zu überwachen, werden durch die Deutlichkeit des Abstimmungsresultats zweifellos abgeschwächt. Die deftige Niederlage muss das Referendumslager jedenfalls dazu bringen, in Zukunft auf gewagte strategische Spiele zu verzichten , die das Ansinnen, eine humanistische und pragmatische Asylpolitik zu betreiben, schwächen anstatt stärken.
Dennoch kann man nicht mit Sicherheit sagen, ob die kommenden Kontroversen nicht auch von den Abstimmungsresultaten beeinflusst werden. Während das Scheitern des Referendumskomitees endgültig ist, ist im Lager der «Gewinner» das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ein Teil des Sieges vom vergangenen Sonntag kann sicherlich den Befürwortern der Verschärfungenzugewiesen werden. Vor allem aber ist es Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die sich in einem Popularitätshoch befindet. Sie war die einzige, die tatsächlich einen Abstimmungskampf führte. Unablässig hat sie die Werbetrommel gerührt für ihr Projekt zur Beschleunigung der Verfahren und für die Ausgleichsmassnahmen, die die Verschärfungen abfedern sollen.
Augenfälliges Indiz für diese veränderte Ausgangslage: Unsere sozialdemokratische Ministerin schickt sich an, in den kommenden Tagen im Namen des Gesamtbundesrates ihr breit angelegtes Reformprojekt zur Beschleunigung der Asylverfahren vorzustellen. Ein Schlüsselelement, um dieses Ziel zu erreichen, ist eine der historischen Forderungen der Linken: nämlich die Einführung eines systematisch angewendeten Rechtsschutzes für Asylsuchende .
Die Verteidiger des Asylrechts sollten alles daran setzen, einen Rechtschutz für Asylsuchende anzustreben, der die Verteidigungsrechte respektiert. Die Reform würde ihnen zudem die Gelegenheit bieten, jenen Asylsuchenden, die über die Bewilligung verfügen, länger als drei Monate im Land zu bleiben, ein echtes Recht auf Arbeit einzuräumen. Dieses Recht muss im Hinblick auf die Beruhigung des sozialen Klimas, dem sich Asylsuchende in diesem Land ausgesetzt sehen, eine zentrale Rolle einnehmen.
Die Linke wird sich mit drei weiteren, noch viel weiter reichenden migrationspolitischen Herausforderungen auseinandersetzen müssen, die die Schweiz und vor allem unser Modell für das wirtschaftliche Wachstum nachhaltig prägen werden. Im Zentrum dieser Kontroversen steht die Zukunft des mit der EU ausgehandelten Personenfreizügigkeitsabkommens . Mit der Initiative der SVP zur Überbevölkerung, der Ecopop-Initiative und der Frage zur Ausweitung des Freizügigkeitsabkommens auf Kroatien versucht die SVP auf drei Schauplätzen, diese wichtige Errungenschaft unserer Migrationspolitik und unseres Modells für das wirtschaftliche Wachstum zu untergraben.
Das Risiko, dass die SVP ihre Ziele tatsächlich durchsetzt, ist durchaus reell. Die Rolle der Linken ist deshalb wichtig: Sie muss die Verankerung von Begleitmassnahmen fordern und gleichzeitig den Bundesrat dazu bringen, unser System für soziale Sicherheit besser zu schützen. Die Frage nach einem eventuellen Missbrauch im Zusammenhang mit Sozialleistungen (mittels fiktiver kurzfristiger Verträge) muss rasch gelöst werden. Die Arbeitgeber-Kreise müssen einsehen, dass die Unterstützung der linken Wählerschaft für den freien Personenverkehr ihren Preis hat: nämlich die Garantie für einen Schutz der Sozialleistungen und Löhne, der dem Dumping zuverlässig einen Riegel schiebt.