Wir haben im Parlament bekanntlich über Biber gesprochen, über Abschusspläne für den Höckerschwan und die Gefährlichkeit des bösen Wolfes. So nebenbei haben wir auch noch die Unternehmen steuerlich massiv entlastet. Nun hat mich der politische Alltag wieder, also Europa.
Es braucht für Verhandlungen, Verträge und deren Auslegung immer zwei.
Auch nachdem wir mit der EU von „exploratorischen Gesprächen“ über eine (von vorneherein völlig illusorische) Neuverhandlung endlich zu „Konsultationen“ über eine gemeinsame Auslegung des bilateralen Abkommens übergegangen sind, bleibt sich doch eines gleich: Es braucht für Verhandlungen, Verträge und deren Auslegung immer zwei. Der Verfassungsartikel zur „Masseneinwanderung“ ist nicht vereinbar mit der Personenfreizügigkeit und damit den Bilateralen Verträgen. Vor der Brexit-Abstimmung läuft gar nichts – und nachher wohl auch nicht. Und die Annahme der MEI war offensichtlich ein Fehler. Wir warten also alle auf die Gretchenfrage an das Volk zu den Bilateralen und zerbrechen uns den Kopf darüber, wie wir sie stellen wollen. Und dann fürchten wir uns ja auch noch vor fremden Richtern, Flüchtlingen, unserer Fussball-Nati und Donald Trump.
In dieser verstörenden Zeit darum mal etwas ernsthaft Gutes: Wir sollten uns freuen über das 40. Jubiläum des Beitritts der Schweiz zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Freuen darum, weil mit der EMRK nach den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs eine Instanz gefunden wurde, eine Wertebasis, die nach dem Unbegreiflichen, dem Völkermord, Europa auf Werte verpflichtet. Es sind die Werte des Respekts vor den Menschen, der Freiheit und der Solidarität. Es ist die Idee und die Verpflichtung, jeden Menschen, jedes Leben, das anderes Leben respektiert, zu schützen, zu achten und zu beteiligen. Die Schweiz hat lange gezögert, der EMRK und damit dem Europarat beizutreten. Etwa, weil wir Vorbehalte hatten wegen des Frauenstimmrechts (!). Vorbehalte also, weil wir nicht so weit waren. Das zeigt, dass Rechtsentwicklung manchmal von aussen kommt; und dass wir in Europa gemeinsam gescheiter werden können. Die in der EMRK formulierten und damit geschützten Menschenrechte sind nicht fremdes Recht, sie sind unser Recht. Dieses Recht verkörpert und beschreibt unsere Werte. Die Rechte der EMRK sind darum nicht einfach irgendein Staatsvertrag, sie sind unser Verfassungsrecht.
MIt der EMRK wurde nach den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs eine Instanz gefunden, eine Wertebasis, die nach dem Unbegreiflichen, dem Völkermord, Europa auf Werte verpflichtet. Es sind die Werte des Respekts vor den Menschen, der Freiheit und der Solidarität.
40 Jahre Beitritt der Schweiz zur EMRK sind ein Grund für Dankbarkeit für die europäische Wertefestigkeit und für die Teilhabe unseres Landes an derselben. Gerichtsurteile kann man kritisieren. Die Grundordnung – die Idee der Aufklärung und der Fassung ins Recht, die Werte Europas nach der Dunkelheit – kann und muss man hochhalten. Gerade in schwierigen Zeiten. Der Platz der Schweiz ist seit 40 Jahren auch formell innerhalb der europäischen Werteordnung, und wer dies infrage stellt, rüttelt an den Grundfesten auch unseres Landes
Die Hetze gegen andere Kulturen und Religionen im Namen der unseren denunziert darum gerade diese europäischen Werte, die Grundhaltungen unseres Staats- und Gesellschaftsverständnisses. Darum ist es ein verfassungspatriotischer Akt, sich über dieses Jubiläum zu freuen und etwas daraus zu machen.