Es geht zu Ende mit den Festivals. In den Zürcher Kinos, aber auch im falschen Film im Bundeshaus. Die grosse Debatte über die Altersvorsorge geriet zur eigentlichen Demonstration von rechts. Unter dem täuschenden Eindruck der Volksabstimmung zu AHVplus zeigte die rechtsbürgerliche Mehrheit zusammen mit den grünliberalen eindrücklich, wie man nicht vorsorgen sollte – zumindest nicht politisch, wenn man über den Tag hinaus Mehrheiten und Vertrauen schaffen will: keine moderate Erhöhung der AHV-renten, dafür die Erhöhung des Frauenrentenalters und ein Automatismus für das Rentenalter 67, sowie Abstriche bei Witwen und Kindern. Eine Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule, dafür höhere Pensionskassenbeiträge für jüngere Arbeitnehmende. Ein Giftcocktail. Und kaum mehr als eben eine Demonstration. Und dazu eine schlecht organisierte – ein Flashmob. Nicht weniger als 55 Stunden hatte die zuständige Nationalratskommission getagt. Buchstäblich über Nacht noch bastelten grün- und blauliberale Spätdenker spontane Tischbomben und verlasen beim Zünden Papiere der Arbeitgeber und Versicherer. Sachen gibt‘s. Und wieder einmal hoffen wir auf den Ständerat.
Noch turbulenter geriet die Inszenierung bei der Umsetzung der ‹Masseneinwanderungsinitiative›. Da fuchtelte ausgerechnet der Fraktionspräsident der SVP mit der Bundesverfassung herum. Und auch noch mit einem leeren Cola-Fläschlein (Flasche leer?). Ausserdem wurde wüst beschimpft und beleidigt. Wie aber war das noch gleich mit der Alpen- und der Zweitwohnungsinitiative? Wie steht es mit der Gleichstellung? Halten wir darum sachlich fest: Das Parlament hat ganz einfach seine Arbeit getan. Im Rahmen der Widersprüche der Initiative und im Rahmen der gesamten Rechtsordnung. Dabei geht es in der Vorlage nicht einfach nur um einen ‹Inländervorrang light›, sondern um eine Kaskade von möglichen Massnahmen. Es kann nicht einfach nur um zwei Worte in einer einzelnen Bestimmung der Verfassung gehen.
Es geht um die Verfassung in ihrem Gesamtzusammenhang, und es geht um die Rechtsordnung. Dazu gehören auch unsere staatsvertraglichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen: Verträge sind einzuhalten. Wenn man sie nicht einhalten will, kann man sie kündigen. Dazu kann man eine ehrliche und klare Initiative einreichen. Ich würde mich auf diese Abstimmung freuen. Davor aber scheut sich die SVP ebenso wie vor einem Referendum gegen die Umsetzung. Wir würden nämlich gewinnen es stehen sich damit weiterhin Volksentscheidungen gegenüber, die nicht vereinbar sind. Das haben wir schon vor der Abstimmung gesagt – und die SVP leugnet es wider jeden besseren Wissens noch immer. Es ist aber nun einmal eine Tatsache, dass der bilaterale Weg und damit auch die Personenfreizügigkeit mehrfach und deutlich an der Urne bestätigt wurden. Darum ist auch unsere Beziehungsdiskussion mit der europäischen Union nicht zu Ende – sie hat gerade erst begonnen. Dazu braucht es kein Geschrei und keine Denunziationen. Dazu braucht es Partnerinnen und Partner in Europa.