Ein Novum? Von wegen!

«Ganz bestimmt wird der Gegner riesige materielle Mittel einzusetzen vermögen. Die Geldquellen werden aus Banken und Finanzgesellschaf­ten reichlich fliessen. Wir haben nicht die mindeste Aussicht eine ma­terielle Schlacht durchzustehen. Wir werden daher versuchen müssen das materielle Übergewicht durch ein ideelles und durch den Einsatz vie­ler Menschen wettzumachen.»

Ein Blick ins Archiv zeigt, dass die SP bereits vor rund 80 Jahren bei Wahlen und Abstimmungen ganz auf ihre Mitglieder setzte.

«Ganz bestimmt wird der Gegner riesige materielle Mittel einzusetzen vermögen. Die Geldquellen werden aus Banken und Finanzgesellschaf­ten reichlich fliessen. Wir haben nicht die mindeste Aussicht eine ma­terielle Schlacht durchzustehen. Wir werden daher versuchen müssen das materielle Übergewicht durch ein ideelles und durch den Einsatz vie­ler Menschen wettzumachen.» So wird die Ausgangslage für die Natio­nalratswahlen von 1935 in einem streng vertraulichen Aktionsplan zuhanden der Geschäftsleitung der SP Schweiz geschildert. Die Partei­zentrale schreibt den Sektionen des­halb: «So wie es in der Schweiz kei­ne Ortschaft geben darf ohne Ver­sammlung, so darf es keine Familie geben, in der ein Werktätiger wohnt, die nicht von unsern Vertrauens­ leuten aufgesucht wurde!» Diese «Hausagitation» war damals das wichtigste Mittel im Kampf um die Wähler. Zu diesem Zweck versandte die Partei verschiedene Anleitungs­ broschüren an die Sektionen, die in wenigen Schritten aufzeigten, wie «von Mann zu Mann» mit den Wählern gesprochen werden sollte: «Die persönliche Fühlungnahme geschieht am besten an einem Sonn­tagvormittag», verlautete beispiels­weise eine Wegleitung an die Sek­tion Basel ­Land. Das Gespräch im Hause der Wähler erlaubte, die Sor­gen und Nöte der Bewohnerinnen und Bewohner kennenzulernen. Die unter anderem aus finanzieller Not gewachsene Strategie der SP sollte sich so als Stärke der Partei heraus­ stellen.
Auch fünf Jahrzehnte später waren die Mitglieder der SP ent­scheidend im Wahlkampf. So schreibt Willi Rusterholz als Prä­sident der Sektion Niederlenz (AG) 1983 seinen Genossinnen und Ge­nossen mit der dringenden Bitte, nun kurz vor den anstehenden Nati­onalratswahlen um jede Stimme zu kämpfen. Mit dem Griff zum Telefon und dem persönlichen Aufruf sollen Freunde, Nachbarn und Verwandte dazu ermuntert werden, den wich­tigen Gang zur Urne nicht zu ver­säumen.
Diese Strategie der SP kommt auch anlässlich der eidgenössischen Wahlen im Oktober zum Tragen. Genau wie 1935 will die SP mit dem Engagement ihrer Mitglieder der bürgerlichen Übermacht bei den Werbebudgets Paroli bieten – heute nicht mehr hauptsächlich mit Haus­ besuchen am Sonntagmorgen, son­dern mit dem Telefon in der Hand. Nicht nur das Gewinnen von zusätz­lichen Stimmen spielt dabei eine Rolle. Die Telefongespräche führen zweifellos auch zu einem verstärk­ten Dialog zwischen der SP und ihren Wählerinnen und Wählern.

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