Vergessen wir bei all den Differenzen und Meinungsverschiedenheiten, über die wir in den letzten Wochen und Tagen hier diskutiert und die wir ausgetragen haben, eines nicht: Wir waren uns zu Beginn dieses langen Prozesses in ganz wichtigen Fragen einig. Wir waren uns einig, dass es eine Reform der Altersvorsorge braucht, dass wir unsere Altersvorsorge bis 2030 sichern wollen, und wir waren uns auch darin einig, dass es sinnvoll ist, die erste und die zweite Säule gemeinsam zu betrachten. Wir waren uns einig, dass es Massnahmen braucht, welche die Rentenverluste, die durch die Reform entstehen, kompensieren. Wir wollten den jahrzehntelangen Reformstau überwinden und unsere wichtigen Sozialwerke einen Schritt weiter in die Zukunft bringen. Wir wollten als gewählte Volksvertreterinnen und Volksvertreter unseren Beitrag dazu leisten, dass die Altersvorsorge für die Bevölkerung unseres Landes auf stabile Füsse gestellt wird. Ja, wir hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen, welcher Weg der richtige ist. Und ja, die Argumente für oder gegen die unterschiedlichen Lösungsvorschläge wurden hier klar, deutlich und bestimmt vorgebracht, auch und besonders in der Einigungskonferenz.
Jetzt haben wir hier einen Vorschlag. Der Vorschlag der Einigungskonferenz ist ein Kompromiss, und zwar einer, zu dem alle etwas beigetragen haben. Das ist das Wesen eines Kompromisses. Wir alle werden in unseren eigenen Reihen Dinge vertreten müssen, die schwerverdaulich sind. Für uns sind das ganz besonders die Heraufsetzung des Rentenalters für Frauen und auch die Senkung des Umwandlungssatzes. Bei den Bürgerlichen sind es andere Elemente dieser Vorlage, die ihnen Mühe bereiten.
Mit dem Rentenzuschlag von 840 Franken pro Jahr und der Anhebung des Plafonds für Ehepaare auf 155 Prozent und mit der besseren Teilzeitarbeitsversicherung in der zweiten Säule sind die Rentenverluste, die durch die Senkung des Umwandlungssatzes entstehen, ausgeglichen. Und sie sind mit tragbaren Lohnprozenten finanziert. Damit ist eines unserer wichtigen gemeinsamen Ziele erreicht.
Herr Amstutz, wenn Sie sich schon an die Rentnerinnen und Rentner im Land wenden, dann sagen Sie bitte auch, dass die SVP nicht zugestimmt hat, als wir den Antrag gestellt haben, auch für bisherige Rentnerinnen und Rentner 70 Franken Zuschlag zu bewilligen. Mit der Anhebung der Mehrwertsteuer um 0,6 Prozent ist die AHV bis 2030 finanziell gesichert und der höhere Rentenbedarf wegen der demografischen Veränderung finanziert. Der AHV-Zuschlag und die Erhöhung des Plafonds für Neurentner sind mit der Erhöhung der Lohnprozente ausfinanziert.
Insgesamt, und davon sind wir überzeugt, haben wir eine Vorlage erarbeitet, die gut ist, die vertretbar ist und die verdaulich ist. Sie ist sowohl für die zukünftigen Rentnerinnen und Rentner als auch für die Wirtschaft tragbar. Wir haben unsere Arbeit als Parlamentarierinnen und Parlamentarier getan und Augenmass bewahrt. Das Wesen eines Kompromisses ist es, dass niemand vollumfänglich zufrieden ist.
Jetzt müssen wir den letzten Schritt tun. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Vorlage der Bevölkerung zum Entscheid vorgelegt werden kann. Wir haben nicht das Recht, dem Volk diese Möglichkeit vorzuenthalten. Wenn wir die Vorlage jetzt abschreiben, wie das die Minderheit beantragt, dann haben wir unsere Verantwortung nicht wahrgenommen. Wenn wir dem Volk die Möglichkeit nicht geben, über diese Vorlage zu entscheiden, dann missbrauchen wir unsere Macht. Die SP-Fraktion will diese Reform; wir stehen hinter dem Resultat der Einigungskonferenz, und wir werden diese Vorlage in einer Volksabstimmung nach Kräften unterstützen und verteidigen.
Fraktionsvotum im Nationalrat am 16. März 2017