Sie müssen sich viel eher fragen, ob sie nach der Pensionierung ohne Ergänzungsleistungen über die Runden kommen.
Das Risiko von Altersarmut in der Schweiz existiert. Es gibt Menschen, die ihr ganzes Leben arbeiten und im Alter trotzdem kaum genug zum Leben haben. Das Bundesamt für Statistik schreibt, dass 7.5% der Rentnerinnen und Rentner nur mit Mühe für die nötigsten Aufgaben aufkommen können und es für eine von zehn älteren Personen nicht möglich ist, eine unvorhergesehene Ausgabe von 2000 Franken innerhalb eines Monats zu begleichen.
Laut Pro Senectute sind in der Schweiz 12% der Rentenbezügerinnen und -bezüger auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Die am stärksten betroffenen Gesellschaftsgruppen sind Niedrigqualifizierte, Langzeitarbeitslose und alleinlebende Frauen. Niedrigqualifizierte Erwerbstätige arbeiten oft in Tieflohnsektoren, beispielsweise im Baugewerbe, Detailhandel oder in der Gastronomie. Sie können im Laufe ihres Arbeitslebens keine Ersparnisse zurücklegen, weil das Einkommen kaum zum Leben reicht. Auch Teilzeitarbeit über längere Zeit oder eine Veränderung der Lebenssituation, wie beispielsweise eine Scheidung oder Trennung, erhöhen das Risiko von Altersarmut.
Systematisch benachteiligte Frauen
Bei Frauen ist es so, dass sie häufig eine unterbrochene Erwerbszeit haben. Wenn sie Kinder bekommen, ziehen sich viele für eine Weile aus der Arbeitswelt zurück und kehren danach oftmals lediglich in eine Teilzeitstelle zurück. Ausserdem arbeiten sie häufiger in typischen «Frauenberufen», die traditionell schlechter entlöhnt sind. Ein zusätzlicher Faktor ist die Lohndiskriminierung zwischen den Geschlechtern, die Frauen deutlich weniger Lohn einbringt. Diese Benachteiligungen im aktiven Erwerbsleben wirken sich auf die finanziellen Verhältnisse im Alter aus.
Bei den Frauen sind es also die Faktoren Unterbruch, Teilzeit und Lohnungleichheit, die das Risiko für Altersarmut erhöhen. Zwar gibt es sogenannte Erziehungsgutschriften. Das sind fiktive Einkommen, die erst bei der späteren Rentenberechnung berücksichtigt werden und für Personen, welche Kinder unter 16 Jahren betreuten, geltend gemacht werden können. Sie reichen aber nicht aus, um die fehlenden Rentenbeiträge auszugleichen.
Folgenschwere Reduktion des Alterseinkommens
Vielleicht ist die Altersarmut in der Schweiz nicht auf den ersten Blick sichtbar. Aber es ist eine Tatsache, dass viele Rentnerinnen und Rentnern einen erheblichen Teil ihres Einkommens für die fixen Lebenskosten wie Miete, Krankenkasse und Steuern aufwenden müssen. Sie sind gezwungen, ihre persönlichen Ansprüche zu minimieren. Aus Scham erfolgt ein Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben und sie verzichten auf viele Aktivitäten. Die Dunkelziffer von armutsbetroffenen RentnerInnen ist sicher höher als die Zahl, die in den Statistiken auftaucht.
Laut Bundesamt für Statistik besteht für etwas mehr als einen Viertel der Rentnerinnen und Rentner die Altersvorsorge lediglich aus der AHV. Für etwas mehr als die Hälfte dieser Menschen stellt die Rente aus der ersten Säule zusammen mit Ergänzungsleitungen und Hilflosenentschädigungen die einzige Einkommensquelle dar.
Deutlich grösser ist jedoch der Anteil derjenigen, deren Renteneinkommen sich aus erster und zweiter Säule zusammensetzt. Nach Erhebungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes kann schliesslich nur gerade ein Drittel der Männer und weniger als ein Fünftel aller Frauen Leistungen aus allen drei Säulen beziehen.
Rentenreform für alle
Nach der gescheiterten Abstimmung zur Rentenreform im letzten Jahr steht mit der Ausarbeitung einer neuen Vorlage eine grosse Aufgabe vor uns. Eine gerechte Rentenreform ist unumgänglich und muss sein. Unsere Renten sollen auch für die Zukunft gesichert werden. Doch die neue Revision muss auch dafür sorgen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich auch bei Rentnerinnen und Rentnern nicht noch weiter öffnet. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, in Würde zu altern und auch als Rentnerin und Rentner ein Teil des gesellschaftlichen Lebens zu sein.