Eine Verkehrsinfrastruktur mit Weitblick braucht Lenkung

Die Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz braucht einen gesteuerten Ausbau. Gleichzeitig gilt es Reisen «für alle statt für wenige» zu bewahren. Lenkungsmassnahmen, um den ungestillten Mobilitätshunger zu bremsen, sind wir uns und den nächsten Generationen schuldig. Die Digitalisierung bietet Chancen, der Klimaerhitzung entgegenzutreten.

Die Schweiz ist ein Land der Regionen. Unsere «Willensnation» unterscheidet sich effektiv von anderen Ländern. Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und verschiedenen kulturellen Hintergründen besiedeln Städte, Gemeinden und Ortsteile. Wir wohnen um Seen, in den Bergen oder im Mittelland und fühlen uns alle als Teil dieser Schweiz.

Wirtschaftlicher Ausgleich ist ein Eckpfeiler dieses «unnatürlichen» Zusammenhaltes der Menschen in unserem Land. Qualität und Ausgewogenheit der Infrastruktur dienen einerseits der Prosperität, andererseits ist diese Infrastruktur ebenso ein Schlüssel für Erreichbarkeit, Austausch und Entwicklung.

Nebst Schulen, Spitäler, Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen ist die Verkehrserschliessung entscheidend, damit Menschen in einer Region überhaupt wohnen und leben wollen.

Während aus dem NEAT-Paket nach Lötschberg- und Gotthard-Basis-Tunnel der Dritte beim Ceneri voraussichtlich 2020 der Eisenbahn übergeben werden kann, berät das Parlament den Ausbau der Nationalstrassen bis 2023 und den Ausbauschritt 2035 der Eisenbahninfrastruktur.

Auch mit dem Bau der drei Tunnels haben wir gegenüber uns selbst und den Nachbarländern erneut den Tatbeweis erbracht, dass die Schweiz in der Lage ist, Millarden-Projekte zu beschliessen, zu planen und in Einhaltung der Kosten umzusetzen. Auch gelegentliche Abweichung bei den Fristen liegen im Rahmen.

Die beiden von Volk und Ständen beschlossenen Fonds für die Strasse (NAF) und die Eisenbahn (Fabi) ermöglichen eine langfristige Planung mit gesicherter Finanzierung, ohne vom Tagesgeschäft abhängig zu sein. Ja, heute beschlossene Infrastrukturen werden erst Jahre später genutzt werden können.

Ausbau der Infrastruktur muss sorgfältig erfolgen

Und da stellt sich die Frage: Ist die Beseitigung aktueller Engpässe genügend und entsprechen die heute absehbaren Bedürfnisse auch effektiv denjenigen in 10, 20 oder 30 Jahren? Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat «Perspektiven des Schweizerischen Personen- und Güterverkehrs bis 2040» in einem umfassenden Bericht vorgestellt. Wir planen und entscheiden heute – in Kenntnis und Würdigung der Prognosen. Ein ungebremster Mobilitätshunger hat aber einen weiteren Preis: Gesundheit, Landschaft und Natur. Zurecht anerkennen wir die verschiedenen Mobilitätsformen und viele benutzen diese situativ ergänzend.

Weder die Sensibilität für negative Mobilitätsfolgen noch die positiven Auswirkungen der Digitalisierung in Europa werden ausreichen, um das Bevölkerungswachstum, den zunehmenden Wohlstand, aber auch das «wirtschaftliche Aufholen» anderer Regionen auf unserem Planeten wettzumachen. Deshalb sind wir gut beraten, die Infrastruktur für das Wachstum vorzubereiten.

Allerdings sind flankierende Massnahmen notwendig: Der Ausbau der Infrastruktur muss sorgfältig erfolgen. Wollen wir die Klimaerhitzung stoppen, müssen wir unser Mobilitätsverhalten lenken. Die wertvolle Errungenschaft der «Mobilität für alle statt für wenige» muss wieder mit Vernunft gepaart werden – Labels und Messung des individuellen «ökologischen Fussabdruckes» könnten erste Schritte sein, denn der Umgang mit dem Klimanotstand ist die Gretchenfrage für die kommende Generation.

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