Christian Levrat hat es gewagt, den Begriff des Klassenkampfes zu benutzen. Was ein vielfältiges Medienecho zur Folge hatte. Von «sozialistischer Mottenkiste» war da die Rede, von der Zerstörung der sozialen Marktwirtschaft, und immer wieder auch von der bevorstehenden Spaltung der SP. Und Jonas Projer sah sich bemüssigt. auch gleich noch eine Arena zu veranstalten und sie mit dem Abspielen der Internatioinalen einzuleiten. Immerhin, die SP ist wieder mal in den Schlagzeilen. Genial!
Aber warum eigentlich die ganze Aufregung? Der Klassenkampf ist doch schon lange im Gange – angezettelt von oben, von der Wirtschafts-und Finanzelite und ihren politischen VertreterInnen. Sie kämpfen für Sozialabbau und Kaufkraftminderung, für höhere Rentenalter, reduzierte IV und Sozialhilfe, verteidigen die Steuerhinterziehung, bringen Forschung und Innovation in Gefahr, schaffen Armut bei Kindern und im Rentenalter; sie produzieren mit Streichungen bei der Entwicklungshilfe neue Flüchtlingsströme. Dies alles, um durch Steuererleichterungen grosszügige Geschenke an die Reichen zu verteilen und für zunehmende Vermögenskonzentration in diesem Land zu sorgen. Rezepte aus dem Manchester-Kapitalismus des vorletzten Jahrhunderts also. Die nächste Runde findet im Februar mit der Abstimmung zur USR III statt. Gut, dass wir diesen Klassenkampf auch so nennen und wirksame Gegenmittel entwickeln zur Förderung der Lebensqualität für Alle statt für Wenige.
Natürlich, wer möchte, kann dabei auch an Revolution denken, an Verstaatlichungen, Diktatur des Proletariats und Archipel Gulag. Aus dem postfaktischen Argumentations-Arsenal eben. Dabei geht es doch einfach um etwas mehr Demokratie. Demokratie ist ja eine Erfindung des bürgerlichen Mittelstandes (Liberté., égalité …) und wird gerne von den Rechtsparteien immer wieder gegen die bösen Chinesen oder Russen ins Feld geführt – wenn nicht gerade wirtschaftliche Interessen dagegensprechen. Und «das Volk» ist ja in diesen Kreisen oft eine unbestrittene Referenz, wenn es um die eigenen Vorteile geht. Aber beim Wirtschaftsprofit und seiner Verteilung hören die hehren Grundwerte der rechtsbürgerlichen Leitkultur offensichtlich auf. Deshalb ist es gut, dass die SP den Klassenkampf ernst nimmt und dabei die Interessen der Bevölkerung vertritt. Thun am 3. Dezember ist eine gute Etappe auf diesem Weg.