Einen Tag nach der Abstimmung über die Masseneinwanderungs-Initiative am 9. Februar 2014 fackelte die EU nicht lange. Sie sistierte die Verhandlungen für das Forschungsprogramm „Horizon 2020“, das Studentenaustauschprogramm „Erasmus+“ und das Kulturprogramm „Creative Europe“. Bei den zwei ersten Programmen landete die Schweiz mit Andorra, San Marino, Monaco und dem Vatikanstaat auf der Liste der Drittstaaten, beim Kulturprogramm fuhr der Zug ohne die Schweiz ab.
Geschickt hat die Verwaltung in allen Bereichen Übergangsprogramme geschaffen, welche die Defizite zumindest teilweise aufheben konnten. Alle nahmen an, wenn die Masseinwanderungs-Initiative umgesetzt und das Kroatien-Protokoll unterschrieben ist, wird alles wieder so sein wie früher. Doch weit gefehlt! Einzig beim Projekt „Horizon 2020“ ist die Schweiz wieder vollassoziiert. Beim „Erasmus+“-Programm, man höre und staune, hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung eigenmächtig entschieden, dass man die Vollassoziierung vor 2020 nicht mehr anstrebe.
Die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) erfuhren diesen Entscheid aus der Zeitung, waren erbost und zitierten den zuständigen Bundesrat, Johann Schneider-Ammann, und dessen Staatssekretär in die Kommission. Unumwunden gaben die Beiden zu, dass die Vollassoziierung an Erasmus+ aus Kostengründen frühestens auf 2021 ins Auge gefasst würde. Die Ausführungen lassen jedoch vermuten, dass der Wille für eine Vollassoziierung ab 2021 nicht gross ist. Bürgerliche Politiker verstärken diese Vermutung, indem sie sich dahingehend äussern, dass eine Vollassoziierung an „Erasmus+“ nur dann diskutiert werden soll, wenn die Kosten im Rahmen des heutigen Übergangsprogrammes liegen.
Klammheimlich soll also „Erasmus+“ beerdigt werden. Konkret heisst das: Die Schweiz wird den Status eines Drittstaates behalten, die Schweizer Hochschulen werden an Visibilität und Einfluss verlieren, immer mehr europäische Universitäten werden keine Schweizerinnen und Schweizer mehr aufnehmen und bei den Kooperationsprojekten aller Bildungssektoren – also auch der Berufsbildung – wird die Schweiz je länger je mehr aussen vor sein.
Die WBK-Kommissionen beider Räte wollen nun Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit einer Motion (17.3630) Beine machen. Sie beauftragen den Bundesrat betreffend Erasmus+, schnellstmöglich mit der EU zu verhandeln. Denn das längerfristige Abseitsstehen schwächt den Bildungsstandort Schweiz. Und das wollen wir nicht.