Am ersten Tag der Herbstsession hat der Ständerat einem Gesetzesentwurf für transparenteres Lobbying überraschend deutlich zugestimmt. Der Entwurf basiert auf einer parlamentarischen Initiative des SP-Ständerates Didier Berberat. Diese fordert, dass Lobbyistinnen und Lobbyisten für den Zutritt ins Bundeshaus sich akkreditieren und ihre Mandate offenlegen müssen.
Ansonsten hatten Transparenz-Vorstösse bislang meist einen äusserst schweren Stand im Parlament. Im Nationalrat wurden in dieser Legislatur gar alle Transparenzvorstösse abgelehnt – darunter auch besagter Gesetzesentwurf für ein etwas transparenteres Lobbying. Die Nationalratsmehrheit wollte nicht mal darauf eintreten.
Nationalrat verweigert sich jeder Transparenz
Von dieser knappen rechtsbürgerlichen FDP-/SVP-Mehrheit kann übrigens auch ich ein Liedchen singen. Immer wieder habe ich versucht, mit Vorstössen auch nur ein klein bisschen Transparenz zu erreichen.
Doch egal ob Transparenz bei Lobby-Reisen oder bei politischen Spenden, immer stellte sich der Nationalrat quer. Angesichts des abnehmenden Vertrauens in die Demokratie, wie wir es in vielen Ländern um uns derzeit gerade erleben können, ist diese Haltung unverständlich.
Und vergessen wir eines nicht: Bei der Transparenz geht es nicht darum, irgendetwas zu verbieten oder zu bestrafen. Und Transparenz hat schon gar nichts mit Neid oder Voyeurismus zu tun. Sie führt einzig dazu, dass Bürgerinnen und Bürger sich überhaupt respektive ein besseres Bild der politischen Verhältnisse machen können.
Abhängigkeit besteht
Damit steht die Frage im Raum: Gibt es denn überhaupt Versuche, Einfluss auf das Parlament auszuüben? Dieser Frage ist mein SP-Nationalratskollege Cédric Wermuth nachgegangen und hat eine unabhängige Studie in Auftrag gegeben. Diese zeigt: Mit lukrativen Mandaten bei Banken, Versicherungen und Krankenkassen nehmen bürgerliche Parlamentsmitglieder jedes Jahr über 6 Millionen Franken ein und sitzen somit als Lobbyisten im Parlament.
Die Bevölkerung hat ein Recht zu erfahren, welche finanziellen Abhängigkeiten bestehen. Deshalb sollte es dazu einen Automatismus geben (also eine Pflicht, Einnahmen aus Mandaten transparent auszuweisen – ein ebenso gescheiterter Vorstoss von mir), da es nicht die Aufgabe von privaten Studien sein soll, hier Licht ins Dunkel zu bringen.
Übrigens zeigt die genannte Studie auch: es sind vor allem Männer, die aus Mandaten viel Geld kassieren. Männliche Parlamentsmitglieder erhalten von der Finanz- und Versicherungsbranche elfmal mehr als die weiblichen Ratsmitglieder (Männer: 92 Prozent, Frauen: 8 Prozent). Doch das wäre wiederum ein anderes Thema.
Druck mit nationaler Volksinitiative
Dass sich die Bürgerinnen und Bürger für mögliche Abhängigkeiten im Politbetrieb interessieren respektive mehr Transparenz in der Politikfinanzierung wünschen, zeigen alle Umfragen und Studien der letzten Jahre. Intransparenz ist nicht mehrheitsfähig.
Auch jüngst angenommene Volksinitiativen in den Kantonen (zum Beispiel in Freiburg und Schwyz) zeigen, dass mehr Transparenz in breiten Kreisen ein Bedürfnis ist. Deshalb habe ich gemeinsam mit anderen Parteien und Organisationen 2016 die Transparenz-Initiative lanciert.
Sie fordert, dass Spenden an Parteien und Komitees über 10’000 Franken offengelegt werden müssen. So grossen und noch grössere Beträgen ist durchaus von einer möglichen Abhängigkeit auszugehen. Dank unserer Initiative wird somit das Volk bald zum ersten Mal die Chance haben, sich für mehr Transparenz in der Politik auszusprechen.