Europa hat die Wahl

Martin Naef, Nationalrat ZH

Martin Naef, Nationalrat ZH
Am 25. Mai 2014 wählen die Bürgerinnen und Bürger der EU das europäische Parlament. Es geht um viel, erstmals haben die Europawahlen einen echten Einfluss auf die Besetzung der EU-Kommission. Die Stimmberechtigten stehen vor der Wahl, ob sie weiterhin ein Austeritätseuropa der Sparprogramme und Spardiktate wollen, oder ob sie nicht lieber den Weg zu einem sozialeren, demokratischeren und ökologischeren Europa einschlagen wollen.

Demokratie ist, wenn du bei Entscheidungen, die dich betreffen, selbst mitentscheiden kannst. Ende Mai wählt Europa sein Parlament. Wir dürfen nicht. Aus bekannten Gründen. So wie viele ohne roten Pass das hier nicht dürfen. Beides ist mehr als schade. Aufgrund der Lissaboner Verträge ist es erstmals so, dass die Stimmberechtigten einen konkreten Einfluss auf die Besetzung der EU-Kommission haben. Bisher waren die Wahlen zum Europäischen Parlament unbedeutende nationale Ersatzhandlungen. Das ist jetzt anders, und es führt dazu, dass es einen Wahlkampf geben wird. Einen Wahlkampf mit europäischen Themen. Davon gibt es genug.

Konkret ist Europa vor die Wahl gestellt, ob die bisherige Politik der Austerität beibehalten werden soll, oder ob sich Europa auch in eine andere, in eine sozialere und gerechtere Richtung entwickeln könnte. Es stellt sich die Frage, ob eine neue Grundlage für Europa eher in einer stärker integrierten Finanzpolitik geschaffen werden kann, oder ob nicht die Mitsprache der Menschen über ihr Projekt die eigentliche Baustelle Europas ist. Der Kandidat der europäischen Linken für das Kommissionspräsidium, Martin Schulz (SPD), hat das erkannt und stellt die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit über die Austerität. Und über die Frage, ob Olivenöl in der Beiz offen oder verschlossen auf dem Tisch stehen darf. Weil sonst die europäische Idee gefährdet werde. „Aus der Idee ist Verwaltung geworden – jetzt denken die Leute, die Verwaltung sei die Idee.“

Vor allem aber sieht er Europa als Wertegemeinschaft, die sich nicht nur an den globalen Märkten messen sollte, sondern am Engagement gegen Ausbeutung weltweit. Wenn Europa nicht zu seinen Menschen zurückfindet, dann wird es gefährlich für das Friedensprojekt. Gegen ein Drittel europafeindlicher, konservativer Nationalisten drängt ironischerweise ins Europaparlament – um gerade dort den europäischen Geist aufzugeben.

Was können wir, die nicht Stimmberechtigten, dagegen tun? In der Schweiz leben 1,7 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger, die in Europa stimmen dürfen – das sind rund 21% der Wohnbevölkerung! Gemeinsam mit unseren linken Schwesterparteien müssen wir alles dafür tun, dass diese Mitbürgerinnen und Mitbürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Auch wenn das jetzt nach Parteitagsrede tönt: Für ein sozialeres, demokratischeres und gerechteres Europa. Auch für uns Stimmlosen, die sich statt mit Überfremdungsinitiativen eigentlich so viel lieber mit der Zukunft Europas und der Welt beschäftigen würden. 

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