Barbara Gysi, Nationalrätin SG, Präsidentin Sozial- und Gesundheitskommission
Eben ist das Frauenrentenalter auf 65 Jahre erhöht worden, und schon folgt der nächste Abbau bei der AHV. Der Bundesrat will bei den Witwenrenten 800 Millionen Franken sparen. Witwen ohne Kinder im Alter von bis zu 25 Jahren sollen darum künftig keine Witwenrente mehr erhalten. Einzig die Betreuung von erwachsenen Kindern mit einer Behinderung soll noch zu einer Rente berechtigen. Die geplanten Übergangsfristen sind mit zwei Jahren sehr kurz. Nur Personen über 55 Jahre sollen den Besitzstand wahren können. Die Vernehmlassung für diese erschreckenden und beschämenden Vorschlägen läuft bis Ende März.
Der Hintergrund: Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2022 in einem wichtigen Urteil die Ungleichbehandlung von Witwern und Witwen gerügt. Die Schweiz muss darum diese Diskriminierung beseitigen. Vorerst richtet sie Witwern mit Kindern eine Hinterlassenenrente aus. Doch anstatt die Witwer langfristig besser zu stellen, plant sie Verschlechterungen für alle verwitweten Personen.
Mich erreichen zahlreiche sehr persönliche und berührende Schreiben von Witwen und jungen Erwachsenen, die einen Elternteil verloren haben. Die massiven Abbaupläne lösen Existenzängste aus. Auch solidarische Männer und Frauen sind empört. Denn die Witwenrente gewährleistet in einer sehr schwierigen Lebenssituation wenigstens eine gewisse finanzielle Sicherheit. Künftig soll die Rente bloss noch ausgerichtet werden, solange die Kinder in Ausbildung sind. Frauen ab 50 finden heute jedoch kaum eine existenzsichernde Arbeitsstelle, nachdem sie Erziehung und Alltag alleine meistern mussten und oft durch fehlende oder zu teure Kitaplätze in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt waren.
In einem reichen Land wie die Schweiz ist ein derart krasser Abbau der sozialen Sicherheit doppelt stossend. Wer den:die Ehepartner:in oder einen Elternteil verliert, soll zumindest ohne Existenznöte leben können. Wir werden alles daransetzen, diesen Abbau zu verhindern.