Frauen als Freiwild und Männer als Triebtäter? Gedanken zum medialen Sommerloch

Gewalt an Frauen

Yvonne Feri | In der ersten Juliwoche, während und nach den vier Tagen des Aufstands gegen den ägyptischen Präsidenten Mursi, war die sexuelle Gewalt an Frauen auf dem Tahrir-Platz stark präsent im medialen Diskurs. Mehr als hundert Frauen wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen in den vier Tagen des Aufstands vergewaltigt.

Gleichzeitig, im starken Kontrast zu diesem medialen Diskurs, lanciert 20 Minuten eine sexistische Kampagne nach der anderen: Mit Füdli, Busen und PS ist jedes Sommerloch zu stopfen, dachte sich wohl die 20 Minuten-Redaktion und eröffnete den Wettbewerb zum grossen Freundin-Auto-Duell. Damit erhielt die Zeitung Blutt[1] (pardon Blick am Abend) gehörig Konkurrenz, auch wenn der Wettbewerb kaum auf Anklang bei der Leserschaft stiess.

Direkt im Anschluss an diese fragwürdige Aktion, die zu Recht als „sexistische Kackscheisse“[2] bezeichnet wurde, folgte ein Artikel zu angeblich immer kürzer werdenden Hotpants. Frauen würden sich damit selbst als Freiwild inszenieren, denn wer so rumlaufe, sei selbst schuld, wenn er angemacht werde – so der Tenor des Artikels. Dass diese Logik nicht stimmt, zeigen die Forschung zu sexuellen Übergriffen und exemplarisch auch die Übergriffe am Tahrir-Platz. Frauen werden Opfer von sexueller Gewalt, egal wie sie gekleidet sind, egal ob verschleiert oder im T-Shirt, egal welchen Alters. Sexuelle Gewalt ist Gewalt und muss auch entsprechend behandelt werden. Wer hier mit knappen Hotpants argumentiert, begibt sich auf eine falsche Fährte, die sexuelle Gewalt verharmlost und Opfer zu Unrecht der Mittäterschaft beschuldigt. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass bei solchen Diskussionen im Prinzip gar nicht um angeblich zu knappe Kleider, sondern um Geschlechterstereotypen geht: Frauen werden als aufreizendes Freiwild und Männer als unkontrollierte Triebtäter inszeniert.

Stereotype Geschlechterrollen und sexuelle Gewalt haben einen Zusammenhang. Diesen hat die UN-Kommission zur Stellung der Frau in ihrem Schlussdokument vom März 2013 klar herausgearbeitet[3]. Wenn geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt bekämpft werden soll, müssen demzufolge auch Geschlechterstereotypen und Rollenbilder in unserer Gesellschaft hinterfragt und verändert werden. Internationale Normen verpflichten Staaten, ihre BürgerInnen vor Gewalt zu schützen. Dazu benötigt es Schutzmassnahmen, wenn Gewalt stattfindet, aber auch Präventionsmassnahmen, damit solche Gewalt verhindert werden kann. In der Sommersession habe ich eine parlamentarische Initiative[4] eingereicht, die die Schaffung einer zentralen Fachstelle gegen Geschlechterstereotypen verlangt. Dabei soll die Fachstelle unter anderem proaktiv Empfehlungen und öffentliche Stellungnahmen an die Medien- und Werbelandschaft abgeben, ohne auf ein Beschwerdeverfahren von Dritten angewiesen zu sein.

Ich hätte mir im Laufe der Berichterstattung gewünscht, diese Fachstelle würde schon existieren, damit ich mich – Sommerloch hin oder her – nicht mit solch undifferenzierten Medienleistungen den bereits erwähnten Artikeln des 20 Minuten befassen müsste. Ich wünsche mir, dass Schweizer Medienschaffende endlich begreifen, dass Sexismus kein Kavaliersdelikt ist, sondern mit dazu beiträgt, dass Frauen und Männer weltweit unter sexueller Gewalt leiden. Dass sexuelle Gewalt politisch relevant ist und als Teil einer geschlechterstereotypen und damit diskriminierenden Gesellschaft gesehen werden muss. Etwas Weiterbildung für die Redaktion zur Verbesserung der Genderkompetenz wäre eine feine Sache für das nächste Sommerloch – gut aufbereitet zu finden auf www.rollenrollen.ch.
 

[1] „Blutt am Abend“ war der Übername, den die Aktion “16 Tage gegen Gewalt an Frauen” am 10. Dezember 2012 dem Blick am Abend verlieh

[2] Nick Lüthi, Redaktionsleiter der Medienwoche

[3] Schweizerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte

[4] Parlamentarische Initiative, Yvonne Feri

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed

Du hast Fragen zur Mitgliedschaft oder dem Mitgliedschaftsformular? Wir helfen gerne.

Häufige Fragen

Am einfachsten, indem Du online das Beitrittsformular nebenan ausfüllst.

Du kannst selbst entscheiden, welches Engagement für Dich am besten passt.

  • Wenn Du wenig Zeit hast, ist es absolut in Ordnung, wenn Dein Engagement sich vor allem darauf beschränkt, Deinen Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Auch das hilft uns sehr, um die Schweiz und die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
  • Die Sektion, bei welcher Du Mitglied bist, wird Dich eventuell hin und wieder anfragen, ob Du Zeit hättest, bei einer Standaktion, einer Unterschriftensammlung oder einer Telefonaktion mitzumachen. Falls Dir das zusagt, sind wir sehr froh darüber – aber es ist natürlich völlig freiwillig.
  • Die meisten Sektionen führen regelmässig Mitgliederversammlungen durch, um die aktuellsten politischen Themen und Aktivitäten zu besprechen. Die Teilnahme daran ist natürlich ebenfalls völlig freiwillig. Aber es kann ein guter Ort sein, um neue Leute kennenzulernen.
  • Falls Dich ein Themengebiet besonders bewegt, kannst Du Dich in einer Themenkommission der SP Schweiz oder Deiner Kantonalpartei engagieren, oder in einer der Unterorganisationen wie den SP Frauen, den SP Migrant:innen, der SP 60+ oder der SP queer.
  • Häufig gibt es auch die Möglichkeit, ein partei-internes Amt, z.B. im Vorstand Deiner Sektion zu übernehmen.
  • Falls Du das möchtest, kannst Du mit Deiner Sektion auch Kontakt aufnehmen, um über eine Kandidatur für eine öffentliches Amt zu sprechen, z.B. in der Schulpflege Deines Wohnortes.

Um unsere Werte verteidigen zu können, braucht es finanzielle Mittel. Die SP ist eine Mitgliederpartei und schöpft ihre Stärke aus dem Engagement ihrer Mitglieder.
Die Mitgliederbeiträge werden von den Kantonalparteien und den Sektionen unterschiedlich festgelegt und sind abhängig von Deinem steuerbaren Einkommen. Wir folgen unseren eigenen politischen Forderungen: Wer wenig verdient, bezahlt wenig, und wer viel verdient, beteiligt sich mehr an den Kosten von Partei und Politik.
In der Regel fallen jährlich je nach Einkommen Kosten zwischen circa 80 und einigen Hundert Franken an. Die Mitgliederbeiträge werden jährlich erhoben.

Ja, selbstverständlich! Du kannst der SP beitreten, ohne den Schweizer Pass zu haben. Denn alle Menschen, die in der Schweiz leben, sollen in der Politik mitdiskutieren können.

Du hast verschiedene Möglichkeiten, Dich einzubringen. Wenn Du an Deinem Wohnort aktiv werden möchtest, wendest Du Dich am besten an die Sektion Deiner Gemeinde oder Deines Quartiers. Diese ist auch die richtige Anlaufstelle für den Einsatz in einem öffentlichen Amt (Gemeinderat, Schulpflege, Sozialbehörde…).
Du kannst Dein Wissen und Können auch innerhalb der Partei einbringen. Die SP sucht immer Leute, die sich in der Parteiorganisation engagieren (Gemeinde, Bezirk, Kanton, Themenkommissionen).

Melde Dein Interesse bei den Verantwortlichen Deiner Ortssektion an. Die Sektion nominiert SP-Kandidierende für öffentliche Ämter, sei dies für den Gemeinderat oder die lokalen Schul-, Sozial- oder Finanzbehörden. Die Ortssektion bildet oft auch für Ämter auf übergeordneter Ebene (Kantons- oder Grossrat) den Ausgangspunkt des parteiinternen Nominationsprozesses.

Abgesehen von der Zahlung des jährlichen Mitgliederbeitrags gehst Du keine Verpflichtungen ein. Voraussetzung für den Beitritt ist eine inhaltliche Nähe. Dies bedingt jedoch nicht, dass Du in allen Fragen mit der SP gleicher Meinung sein musst.

Die Statuten der SP Schweiz verbieten die gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren Schweizer Parteien.
Doppelbürger:innen können Mitglied der SP Schweiz und Mitglied einer ausländischen Schwesterpartei sein, beispielsweise der deutschen SPD oder des italienischen Partito Democratico. Die Mitgliedschaft bei der SP Schweiz ist für Angehörige von Schwesterparteien gratis, sofern sie belegen können, dass sie in ihrem Heimatland Mitgliederbeiträge an eine Sozialdemokratische Partei entrichten.

Ja. Auch im Ausland kannst du dich als Mitglied der SP Schweiz in die Politik einbringen. Wenn Du Deinen Wohnsitz im Ausland hast, wirst du automatisch Mitglied der SP International.

Für JUSO-Mitglieder besteht bis zum Alter von 26 Jahren die Möglichkeit einer kostenlosen SP-Mitgliedschaft. Ein entsprechender Antrag kann per Mail an [email protected] gestellt werden.

Das bietet Dir die SP

Was Du von der SP erwarten darfst.

Du bist nah dran an der Politik: Wir schicken Dir unsere Aufrufe, Newsletter sowie sechs Mal jährlich unser Mitgliedermagazin “links”. Du kannst Dich mit Gleichgesinnten vernetzen.

Du kannst von andern lernen und Dich mit Deinem Wissen und Können auf verschiedenen Ebenen in der Partei einbringen.
Gemeinsam schaffen wir eine bessere Zukunft!

Keine Demokratie ohne Bildung. Wir bieten Dir Webinare und Seminare zu Hintergrundwissen und aktuellen politischen Themen.