Für Einbürgerungsverfahren ohne Willkür und Zufall

Liebe Funda Yilmaz, Ich möchte Ihnen danken. Dank Ihnen ist ein grösserer politischer Schandfleck einen Moment lang offen zutage getreten: das Einbürgerungsverfahren. Vielleicht haben Sie den Weg geebnet für andere Einbürgerungen. Oder im besten Fall für ein neues, nüchternes, standardisiertes Verfahren, wie es sich für eine Demokratie gehört.

Liebe Funda Yilmaz

Ich möchte Ihnen danken. Dank Ihnen ist ein grösserer politischer Schandfleck einen Moment lang offen zutage getreten: das Einbürgerungsverfahren; dieses selbstgerechte Schweizermachertum, das trotzig wie der Gesslerhut die letzte und entscheidende Bastion auf dem Weg zum Schweizer Pass bildet.

Und bevor die Mitglieder der Einbürgerungskommissionen wütend in die Tasten hauen, um mir zu schreiben, dass man den Job auch gut machen kann: Ich weiss! Unbedingt! Merci für eure Arbeit! Es geht mir nicht um die Menschen, sondern um das Verfahren. Ein Verfahren, das den Unterschied ausmacht, ob ich Zugang zu den demokratischen Rechten habe – ungeachtet davon, wie lange ich schon in der Schweiz lebe, arbeite, Steuern zahle, Pingpong spiele oder im Schachclub bin.

Wie Sie vielleicht wissen, haben wir von der SP vor einem Jahr die Einbürgerungskampagne lanciert. Seither haben sich über 1000 Menschen gemeldet, die Fragen hatten, merkwürdige Erfahrungen gemacht haben oder demotiviert waren. Ich kann hier nicht alle Beispiele auflisten. Aber exemplarisch diese:

  • Herr K. erfüllt die Kriterien für die Einbürgerung; er hat ein Gesuch bei der Gemeinde Ch. eingereicht. Das ist vier Jahre her; er hat nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten.
  • Herr B. teilt uns mit, dass das Gesuch für seine Söhne abgelehnt wurde. Grund: Sie studieren an der Uni Zürich und gelten deshalb in der Gemeinde als zu wenig integriert.
  • Frau Z. hat den Integrationstest bestanden und die Gebühren von 2000 CHF dafür bezahlt. Da die Gemeindeverwaltung seit zwei Jahren auf das Gesuch nicht eintreten ist, ist der Test verfallen und muss wiederholt werden. Die Kosten trägt Frau Z.

Sie sehen also: Sie sind nicht allein. Vielleicht beruhigt Sie das, aber eigentlich ist das ja die schlechte Nachricht. Nach einem Jahr und unzähligen Berichten können wir sagen: Das Einbürgerungsverfahren in der Schweiz funktioniert oftmals nicht, es hat eklatante Schwachstellen.

Ich weiss, nicht, ob Sie es sind – ich bin froh, dass Ihr „Fall“ Wellen geworfen hat, auch wenn die Reaktionen der Bürgerlichen als Begleiterscheinung übel waren. So wissen wir nun, dass 18-Prozent-Müller die Fragen für doof hält und es SVP-Rickli krass, findet, dass man Sie nicht einbürgert, hingegen viele nicht Integrationswillige schon. Womit wir wieder beim Anfang wären. Nicht die Fragen sind doof, das Verfahren ist es. Es ist ein Systemfehler, der doofe Fragen und sehr viel Willkür zulässt.

Deshalb nochmals: Danke und viel Glück! Vielleicht haben Sie den Weg geebnet für andere Einbürgerungen. Oder im besten Fall für ein neues, nüchternes, standardisiertes Verfahren, wie es sich für eine Demokratie gehört.

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