In der laufenden Session haben sich die bürgerlichen Parteien mit ihrer Unbarmherzigkeit überboten: FDP, SVP und CVP hatten 2015 je eine Motion eingereicht, mit welcher sie die Reisetätigkeit der Menschen im Asylbereich verbieten wollen. Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene sollen ganz generell nicht reisen dürfen. Sie sollen nicht ihre Verwandten z.B. in Italien besuchen dürfen, auch nicht wenn jemand sehr krank ist oder gar stirbt. Eine Mutter soll nicht ihre Tochter in Deutschland besuchen dürfen, die ihr erstes Kind bekommt. Ein Schulkind soll nicht mit seinen Gspänli auf der Schulreise über die Grenze fahren dürfen.
Bereits heute braucht es eine Bewilligung, wenn Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene ins Ausland reisen. Diese wird heute schon sehr restriktiv erteilt. Die Bedingungen wurden in letzter Zeit sogar noch strenger. Geht es nach Mitte-Rechts, sollen Auslandreisen generell verboten werden. Ein unbarmherziger Akt gegenüber Familien, die bereits viel durchgemacht haben.
Dann ist da noch die Mär von den Heimatreisen von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen. Schon heute verlieren sie den Asylstatus und die Aufenthaltsbewilligung, wenn sie in ihr Heimatland reisen. Die drei jetzt überwiesenen Motionen der drei bürgerlichen Bundesratsparteien wurden vor zwei Jahren eingereicht. Im Wahljahr musste halt jede Partei beweisen, dass sie hart durchgreifen will, obwohl alles bereits geregelt ist.
Zwei Jahre später hätte man wenigstens von FDP und CVP erwarten können, dass sie etwas klüger geworden sind. Aber nein, alle drei Motionen wurden unisono mit einer satten Mehrheit von Mitte-Rechts überwiesen, auch wenn beispielsweise die FDP zugeben musste, dass ihre Motion, die ein generelles Reiseverbot verlangt, etwas „holzschnitzartig“ sei. Sie ist nicht holzschnitzartig, sie ist populistisch, überflüssig und bösartig. Da hilft auch der Hinweis nichts, der Bundesrat möge die Motionen halt nicht so genau umsetzen. Notabene ist eine Motion ein klar formulierter Auftrag des Parlaments an den Bundesrat für eine neue gesetzliche Bestimmung.
Man hätte diesen Wahlschlager nun still und leise versenken können. Denn es spricht nichts dagegen, dass Familienmitglieder oder gute Freunde sich innerhalb Europas besuchen können – auch nicht, wenn sie Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene sind.