Vor den Wahlen und nach der Ankündigung der Krankenkassenprämienerhöhungen sind alle empört und bieten ihre Lösungen an. Auch wenn 30 Jahre nach Inkrafttreten des KVG noch alle versichert und die Prämien nicht mehr an Alter und Geschlecht gebunden sind, müssen dennoch einige ganz grundlegende Korrekturen vorgenommen werden. Noch immer sind die Menschen nicht gleich, wenn es um Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten geht.
Um klar zu sein: es gilt drei Personengruppen zu unterscheiden. Die erste Gruppe verfügt über ein Einkommen, das so hoch ist, dass die Krankenassenkprämie bloss ein kleiner Teil der Gesamtausgaben ausmacht. Die zweite Gruppe verfügt über ein so geringes Einkommen, dass sie Subventionen zur Zahlung ihrer Prämie erhält. Allerdings sind die Systeme je nach Wohnkanton verschieden; es fehlt die Gleichbehandlung und man erhält möglicherweise keinen Zuschuss. Eine inakzeptable Ungleichheit! Die dritte Gruppe ist weder reich genug, als dass die Prämien nicht ins Gewicht fielen, noch arm genug, um von einer Subvention zu profitieren. Sie muss Entscheidungen treffen, um ihr Budget auszugleichen. Eine der vorgeschlagenen Lösungen ist absolut heuchlerisch, nämlich, die Erhöhung des Selbstbehalts zur Senkung der Prämien. Ohne finanzielle Rücklage ist kein Geld vorhanden, um die medizinischen Kosten in der Höhe des Selbstbehalts zu bezahlen, weshalb man keine Behandlung in Anspruch nimmt. Eine inakzeptable Ungleichheit! Wenn jemand sehr krank wird, kommt es zu Notfällen und Krankenhausaufenthalten mit sinkenden Überlebenschancen. Eine inakzeptable Ungleichheit, die zudem den Anstieg der Gesundheits- und Pflegekosten antreibt, den die bürgerliche Mehrheit als skandalös empfindet. Es muss eine Lösung für die Finanzierung der Gesundheits- und Pflegedienste gefunden werden. Ein klares JA zur Initiative, die Höhe der Krankenversicherungsprämien auf 10 % des Einkommens zu begrenzen, ist ein wichtiger erster Schritt, den wir gewinnen müssen.
Dies soll uns jedoch nicht davon abhalten, gesamthaft über Gesundheits- und Pflegeleistungen nachzudenken. Viele Möglichkeiten sind offen. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt schwierig, genaue Aussagen zu machen. Doch es ist bereits klar, dass die meisten Vorschläge der Rechten und der Krankenkassen nicht im Interesse der gesamten Bevölkerung liegen, sondern vor allem der Wahrung der Privilegien weniger dienen. Die Frage nach den Vergütungsmodellen ist ein zentrales Element; hier muss sich etwas „radikal“ ändern. Nicht medizinische Eingriffe sollten im Mittelpunkt des Finanzierungsmechanismus stehen, sondern die Zeit, die für die Pflege notleidender Menschen sowie für die Förderung und den Erhalt einer guten Gesundheit aufgewendet wird. Mit diesem Anliegen wird sich die SP60+ befassen und konkrete Vorschläge dazu entwickeln.
Dominique Hausser, Co-Präsident SP60+, Ruth Schmid, Mitglied der GL SP60+