Der Freisinn übt sich im Linksblinken: Mit Blick auf die Rentenreform warnt die FDP eindringlich vor einer «unsozialen Zwei-Klassen-AHV». Das ist wie wenn die Kirche vor Frömmigkeit warnen, der Metzger vegane Ernährung propagieren oder wir uns um den Kapitalismus sorgen würden. Dabei zeigt sich Frau Gössi erfrischend wendig: Sie kann in einem Satz das «unsoziale Giesskannenprinzip» geisseln und die himmelschreiende Ungerechtigkeit anprangern, dass nicht alle 70 Franken mehr AHV erhalten.
Überhaupt: Die Schwyzer Unternehmensberaterin mit dem vermeintlich grossen Herz für die kleinen Leute mit kleinen Renten hat im Moment einen Lauf.
Überhaupt: Die Schwyzer Unternehmensberaterin mit dem vermeintlich grossen Herz für die kleinen Leute mit kleinen Renten hat im Moment einen Lauf: «Gössi löst Abstimmungskampf aus» titelt der Blick. Gottseidank! Man stelle sich vor, der hätte einfach nicht stattgefunden. Ihre grösste Sorge: AHV-Renten, die ins Ausland fliessen. Wenn Gewinne, Arbeitsplätze und Unternehmen ins Ausland gehen, ist das eine feine Sache. Aber Menschen, die hart arbeiten, Beiträge bezahlen und sich einfach mit ihrer Minimalrente ins Ausland absetzen und hier auf Ergänzungsleistungen verzichten? Das geht natürlich überhaupt nicht!
Es war ein grossartiger Kampagnen-Stunt. Ein bisschen so, wie wenn man lachend in eine Kreissäge greift – bildlich gesprochen. Nicht nur die Auslandschweizer «kochen vor Wut» (wahrscheinlich ein Moitié-Moitié von Gerber). Und die Gössi erklärt sich, wiederholt: «Ich bin kein Ausländer-Feind», beschwichtigt sie im Tages-Anzeiger beleidigt und unverstanden. Das stimmt vielleicht sogar. Aber eine AHV-Feindin, das ist sie auf jeden Fall. Merke: Die FDP-Chefin biegt rechts ab! Immer, auch nach einem Nein zur Rentenreform Ende September. Dort winkt und wartet sehnsüchtig Rentenalter 67 für alle. Das ist dann keine Zwei-Klassen-AHV. Eher Holzklasse.
Erschienen im links, Ausgabe 170