Sehr geehrter Herr Müller,
Sie haben an der FDP-Inszenierung vom letzten Samstag vor der „levratischen Schweiz“ gewarnt. Wir konnten ausserdem hören, wie Sie philosophische Hochergüsse zitierten: „Irren ist menschlich, immer irren ist sozialdemokratisch“.
Klar, es ist Wahlkampf. Und in durchschaubarer Manier hauen Sie auf die „Roten“ ein und schweigen nach rechts. Doch leider bleiben Sie in Ihrer Haue in verkrampfter Kalter-Krieg-Rhetorik haften. Lieber einfach mal pauschal „sozialistische Rezepte“ verunglimpfen, statt in eine politische Debatte einzutreten. Den inhaltlichen Schlagabtausch sucht man vergeblich. Dabei lägen die Themen auf dem Tisch!
Altersreform: Erklären Sie, warum Sie die Erhöhung der AHV-Renten bekämpfen und stattdessen das Rentenalter erhöhen und das Rentenniveau für alle senken wollen.
Energiewende: Zeigen Sie auf, weshalb die FDP die auch wirtschaftlich sehr lukrative Energiewende bekämpft, die erneuerbaren Energien nicht fördern will und zurück ins nukleare Steinzeitalter gehen möchte.
Umsetzung Art. 121a: Schenken Sie den Wählerinnen und Wählern endlich reinen Wein ein! Beziehen Sie endlich Position und beenden Sie Ihren Slalomkurs zwischen „harter Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative“ mit gleichzeitiger „Rettung der Bilateralen“. Dass das nicht aufgeht, wissen alle, auch Sie selbst.
Transparenz: Legen Sie Ihr Wahlkampfbudget offen und sagen Sie den Wählerinnen und Wählern, woher der Millionen-Geldsegen für die FDP stammt.
Sehr geehrter Herr Müller,
Das von Ihnen zum Besten gegebene Zitat stammt von einem Politiker, der noch vor dem Fall der Mauer gestorben ist. Dass er 1980 glücklos gegen Helmut Schmidt (SPD) als Kanzlerkandidat angetreten ist, mag ein Detail sein. Aber: Der Kalte Krieg ist vorbei! „Moskau einfach“ gilt nicht mehr! Kommen Sie aus Ihrem Schützengraben heraus, legen Sie den Zweihänder beiseite und steigen Sie in eine inhaltliche Diskussion mit uns ein. Über die Zukunft der Altersreform, unsere Beziehungen mit der EU, die Energiewende oder wie die Situation der älteren Arbeitnehmenden verbessert werden soll. Das darf ruhig bissig und derb sein, aber bitte mit Inhalt!
Die Wählerinnen und Wähler unseres Landes hätten es verdient. Oder wie Sie sagen würden: Aus Liebe zur Schweiz.
Mit freundlichen Grüssen
Flavia Wasserfallen, Co-Generalsekretärin SP Schweiz