Interview mit der jungen Klimaaktivistin und SP Nationalratskandidatin Mirjam Hostetmann, erschienen in der Obwaldner Zeitung vom 26. August 2019
«Ich wüsste nicht, wen ich wählen sollte», sagt Mirjam Hostetmann mit Blick auf die Obwaldner Nationalratskandidaten. «Alle politisieren im bürgerlichen Spektrum, niemand im sozialen Bereich. Ich finde es schlimm, dass gerade in der heutigen, von der Klimadiskussion geprägten Zeit niemand zur Wahl steht, der links politisiert.» Die erst 19-jährige Sarnerin hat die Sache daher selber in die Hand genommen und kandidiert für den Nationalrat. Dies als Vertreterin der Juso Obwalden, die sie seit zwei Wochen präsidiert.
Die Entscheidung sei ihr nicht ganz leicht gefallen, sagt Hostetmann. «Ich bin nicht Teil einer Jungparteien-Liste wie in anderen Kantonen. Bei einer solchen Personenwahl exponiert man sich schon.» Trotzdem sei es ihr wichtig, ein progressives Bild von Obwalden nach aussen zu vertreten, und meint: «Ich will nicht, dass unser Kanton stehen bleibt im Vergleich zu anderen. Es ist auch problematisch, dass wir noch nie eine weibliche Vertretung in Bern hatten.»
Kaum Gefährdung für Mitte-Kandidaten
Die andere Kandidatin Monika Rüegger von der SVP durch ihre Kandidatur indirekt unterstützen will Hostetmann aber nicht. «Die Bedenken, dass ich den Mitte-Kandidaten Stimmen abgraben und dadurch die SVP-Kandidatur stärken könnte, waren schon ein Thema», meint sie. Nach einem Blick auf die Stimmenverhältnisse bei den Kantonsratswahlen sei sie aber zum Schluss gekommen, «dass ich wohl keine grosse Gefährdung für die Mitte-Kandidaten darstelle. Wer mich wählt, hätte ohne meine Kandidatur wohl leer eingeworfen.»
«Es geht mir darum, dass die Obwaldnerinnen und Obwaldner eine echte und etwas breitere Wahl haben», betont die Gymnasiastin, die wegen des Schwerpunktfaches Musik die Kantonsschule Musegg in Luzern besucht und nächstes Jahr die Matura macht. Ob ihre Kandidatur von der SP unterstützt wird, sei noch nicht klar.
Vom CSP-Mitglied zur Juso-Präsidentin
Hostetmann ist kein politischer Neuling. Als Mitorganisatorin der Zentralschweizer Klimastreikbewegung war sie massgeblich an den Kundgebungen in Luzern beteiligt. Und 2018 wollte sie als jüngste Kandidatin in den Kantonsrat, damals noch für die CSP, der ihr Vater angehört.
Sie habe im letzten Jahr gemerkt, dass die Juso ihre Ansichten am besten vertrete, erklärt Hostetmann. Dieser will sie auch im Wahlkampf treu bleiben. «Das Klima ist mir natürlich sehr wichtig, ich fordere nach wie vor Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2030. Und gerade im Frauenwahljahr dürfen wir bei der Gleichberechtigung nicht stehen bleiben. Ich finde es traurig, dass in Obwalden zum Frauenstreiktag nichts passiert ist.» Auf nationaler Ebene würde sie sich zum Beispiel für die Seenotrettung im Mittelmeer einsetzen. «Es kann nicht sein, dass Menschen dort einfach so ertrinken und wir unsere Privilegien für uns behalten.»
«Ich weiss, was ich mir zutraue»
Die Jungpolitikerin hofft, durch ihre Kandidatur mehr Mitglieder für die kürzlich wiedererweckte Obwaldner Juso zu finden. «Ich will die Juso nachhaltig organisieren, sodass immer wieder Leute nachkommen, wenn andere wegziehen oder ein Studium beginnen.» Ob sie selber nach der Matura in Obwalden bleibt, weiss Mirjam Hostetmann noch nicht. Politisch ambitioniert wird sie aber sicher bleiben. Sie habe keine Angst, durch die frühe Nationalratskandidatur «verheizt» zu werden, meint die Sarnerin. «Es ist wichtig, dass man sich möglichst früh politisch engagiert. Und ich weiss, was ich mir zutraue.»