Jodtablette: Nukleares «Pflästerli» gegen das Abschalten

Der Kanton Schaffhausen wird neu mit Jodtabletten versorgt. Sind unsere AKW also doch nicht so sicher? Die AKW-Betreiber wollen die Kosten für dieses nukleare «Pflästerli» nicht mal übernehmen und gehen gegen den Bund vor. Die Unfallszenarien seien äusserst unwahrscheinlich, die Verteilung der Jodtabletten unverhältnismässig. Die AKW-Betreiber spielen das Risiko herunter. Die Bevölkerung zahlt den Preis.

In krassem Widerspruch zu den Aussagen der AKW-Betreiber steht die Studie des Max-Planck-Instituts aus dem Jahr 20121. Das Risiko einer radioaktiven Verseuchung ist in Süddeutschland weltweit am grössten. Gemäss dieser Studie müssen wir damit rechnen, dass wir in den kommenden 50 Jahren einmal von einem schweren Reaktorunfall betroffen sind. Global ist ein Super-Gau theoretisch alle 10 bis 20 Jahre möglich. Beznau ist weltweit das älteste Atomkraftwerk am Netz. Ein gefährlicher Rekord!

Laufzeitbeschränkung statt nur Tabletten

Der Super-GAU in Fukushima hat zum Umdenken und zum politischen Ausstieg aus der Atomenergie geführt. Heute, dreieinhalb Jahre später, ist der politische Wille allerdings mutlos und inkonsequent. Der Neubau von AKW bleibt zwar gemäss Willen des Bundesrats und der vorberatenden Kommission verboten. Doch die alten und uralten Atomkraftwerke dürfen weiter betrieben werden. Die Reaktoren sind gefährlich. Sie gehören schnellstmöglich abgeschaltet.

Der Krug darf nicht zum Brunnen gehen bis er bricht

Die zuständige Kommission des Nationalrates hat einen ersten Schritt getan und sich grundsätzlich von unbeschränkten Betriebsbewilligungen abgewendet. Neu soll nach 40 Jahren Betrieb ein Langzeitbetriebskonzept nötig werden, damit ein AKW jeweils um 10 weitere Jahre betrieben werden darf. Ist ein AKW schon länger als 40 Jahre in Betrieb, wird das Langzeitkonzept erst bei einer Betriebsdauer von 50 Jahren nötig. Die Betriebsbewilligung kann dann mehrmals um weitere 10 Jahre verlängert werden. Der gefährliche Reaktor Beznau könnte also 60 Jahre und darüber hinaus womöglich nochmals zwei weitere Jahrzehnte in Betrieb bleiben. Dieser Entscheid ist fahrlässig und gefährdet die Bevölkerung in höchstem Mass. Eine Minderheit verlangt, dass eine Verlängerung höchstens zweimal beantragt werden kann. Sie wird kaum eine Chance haben. Ebenso wenig wie die Minderheit, angeführt durch die SP, die den Uralt-Reaktor Beznau in die verdiente Pension gehen lassen will, durch eine Betriebsdauerbeschränkung auf 50 Jahre.

Grosses Risiko durch halbherzigen Atomausstieg

Trotz Nachrüstung – ein altes AKW bleibt alt! Der technologische Fortschritt bleibt aussen vor, das Material ermüdet, wird spröd, sein Verschleiss ist unaufhaltbar. Unsere AKW stammen aus der Zeit, als Autos noch nicht mit Sicherheitsgurten, nicht mit Airbags und schon gar nicht mit einem ABS-System ausgestattet wurden. Ein solches Auto kann nur behelfsmässig nachgerüstet werden. Auch Menschen werden zunehmend mit neuen Hüft- oder Kniegelenken und Bypässen ausgerüstet – die Jugend kann ihnen aber niemand zurückgeben.

Jodtabletten ermahnen uns: Wir treiben ein Hochrisikospiel

Damit wären wir wieder bei den Jodtabletten. Sie sind das «Pflästerli» zur Politik gegen das Abschalten der AKW. Das Abschalten von uralten Reaktoren und eine Laufzeitbeschränkung sind für unsere Sicherheit aber wirksamer als Jodtabletten. 40 Jahre Laufzeit sind genug!

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