Einige Turbulenzen und Monate früher hätte diese Verzögerung laute Empörung hervorgerufen. Brisant ist weniger die Verzögerung, als die Begründung: Das Konzept der „gemeinsamen“ Beschaffung mit Schweden birgt nämlich grosse finanzielle und technische Risiken. Was die Schweiz für die vorgesehenen 3.1 Milliarden Franken genau erhält, steht in den Sternen. Es könnte am Ende wesentlich weniger sein, als was der Bundesrat im Oktober 2012 in die Botschaft schreibt. Das gesetzliche Erfordernis der Beschaffungsreife scheint mir beim noch nicht existierenden Gripen E/F nicht erfüllt zu sein. Zudem wird immer offensichtlicher, wie risikoreich es ist, ein Flugzeug zu beschaffen, das in der konkreten Konfiguration erst auf dem Papier besteht und dessen Herkunftsland sich noch mitten im politischen Entscheidprozess über die Wei-terentwicklung des Flugzeuges befindet.
Positiv ist, dass der Bundesrat den Kampfjetentscheid nicht am Volk vorbeischmuggeln will. Vielmehr soll die Finanzierung nun doch über einen referendumsfähigen sogenannten „TTE-Fonds“ laufen. Zudem will der Bundesrat die Beschaffung und die Finanzierung im Rahmen des gleichen Beschlusses regeln. Folglich kann auch gegen beides gleichzeitig das Referendum ergriffen werden. Die SP wird dieses Referendum ergreifen. Sie hat schon im Herbst 2011 entschieden, die unnötige und kostspielige Beschaffung neuer Kampfflugzeuge in jedem Fall vors Volk zu bringen.
Bemerkenswert ist auch, dass der Bundesrat daran festhält, dass die Armee jährlich mit 4.4 Milliarden auskommen muss. Falls das Volk zustimmen sollte, kämen ab 2015 weitere 300 Millionen jährlich hinzu, um den TTE-Fonds zu speisen, andernfalls bleibt es bei 4.4 Milliarden Franken. Das Parlament hat demgegenüber schon ab 2014 satte 5 Milliarden gefordert. So vernünftig der Bundesrat bei der Finanzierung entschied, so unverständlich ist sein Einlenken auf eine überdimensionierte Armee mit 100’000 Armeeangehörigen (AdA). Bisher verfolgte der Bundesrat ein Modell mit 80’000 AdA. Das VBS hat für beide Modelle nahezu gleich hohe Kosten vorhergesagt, was auf den ersten Blick erstaunt. Möglich ist dies nur, weil das VBS für beide Modelle pro Jahr gleich viele Rekruten ausbilden und gleich viele Soldaten in die Armee einteilen will. Dies steht in diametralem Widerspruch gegenüber der Aussage, man müsse die Armee aus demografischen Gründen verkleinern. Würde das VBS die demografische Entwicklung wirklich ernst nehmen, so würde es weniger Militärpflichtige ausbilden, ausrüsten und einteilen. Das würde massiv Kosten sparen. Genau das will das VBS aber nicht.
Die Weiterentwicklung der Armee ist seit Jahren eine Baustelle, auf der nur unter äusserem finanziellem Druck gearbeitet wird und auf der mehr Probleme bewirtschaftet als gelöst werden. Es drängen sich also folgende Forderungen auf:
- Die Reduktion des Armeebestandes wird umgesetzt, indem in Zukunft weniger Militärdienstpflichtige in die Armee eingeteilt werden und der Effektivbestand dem Sollbestand angenähert wird. Auf dieser Grundlage sind die finanziellen Auswirkungen der Modelle mit einem Sollbestand der Armee von 100‘000 bzw. 80‘000 Armeeangehörigen neu zu berechnen.
- Die Anzahl Diensttage, die ein Soldat, Unteroffizier oder Offizier insgesamt zu leisten hat, bleibt insgesamt gleich hoch wie in der Armee XXI (260 Tage). Mit anderen Worten: Die zu leistenden Dienstage sollen auf weniger Köpfe verteilt werden, was kostensparend wirkt.
- Die Unterstützung ziviler Behörden durch die Armee wird auf die in der Bundesverfassung vorgesehenen Lagen fokussiert, namentlich die Abwehr schwerwiegender Bedrohungen.
- Das VBS erarbeitet eine Verzichtsplanung, um den Bestand von Immobilien für Einsatz, Logistik und Ausbildung analog dem tieferen Armeebestand zu halbieren.
- Der Bundesrat legt einen Bericht vor, in dem er aufzeigt, welches Leistungsprofil die Armee mit einem Finanzrahmen von 4.4 Milliarden Franken aufweist und wie die chronische Unterfinanzierung der Armee durch eine Anpassung des Auftrages sowie der Armeestrukturen aufgehoben werden kann.