Keine IV-Rente für Personen unter 30?

Der Arbeitgeberverband will Menschen unter 30 das Recht auf eine IV-Rente absprechen. So geht es nicht! Natürlich ist ein «Abschieben» junger Menschen in die IV keine Lösung. Berufliche Integration braucht Professionalität, Geduld und Geld. Allen Betroffenen unter 30 pauschal die Unterstützung zu verweigern, ist sicher der falsche Weg.

«Profile von jungen IV-Neurenten – Beziehenden mit psychischen Krankheiten» ist der Titel der Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). Anlass der Untersuchung war die Feststellung, dass es in den letzten Jahren, allen Bemühungen zum Trotz, nicht gelungen ist, junge psychisch Kranke in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das ist bedauerlich. Für diese Jungen sind es verlorene Perspektiven. Denn Arbeit gibt Erfüllung und Sinn im Leben, für Menschen mit und ohne Handicaps. Dieser Weg soll allen nach Möglichkeit offenstehen. Auch Menschen mit Behinderungen sollen die Chance haben, sich ins Arbeitsleben zu integrieren, selbst wenn es dazu spezielle Infrastruktur, Unterstützung und Angebote braucht.

Die Studie analysiert die Situation und zeigt auf, was zu verbessern ist. Ihre Vorschläge entsprechen dem, was die fachlich erfahrenen und kompetenten Behindertenorganisationen schon lange empfehlen: Bessere Früherkennung psychischer Auffälligkeiten in Schule und Berufsbildung, intensivere Begleitung der Betroffenen während des Berufseinstiegs, aber auch in der beruflichen Ausbildung, bei Krisen und Rückfällen. Das stärkt den jungen Betroffenen den Rücken und erleichtert es den Arbeitgebern Stellen anzubieten. So kann das Eingliederungspotenzial eher ausgeschöpft werden. Leider wird hier zu wenig gemacht. So essentiell das Instrument der IV-Rente ist, so bedauerlich wäre es, die Chancen der Menschen nicht wirklich auszuloten und sie einfach in die Berentung «abzuschieben».  

Es ist aber genauso falsch, generell Menschen unter 30 Jahren das Anrecht auf eine Rente abzusprechen, oder nur noch in Ausnahmefällen zu gewähren, wie es der Arbeitgeberverband nun tun möchte.

So geht es nicht. Das Leben ist nicht schwarz-weiss. Es gibt Menschen, die wegen ihrer schweren Behinderung selbst bei optimaler schulischer und beruflicher Begleitung nicht oder nur eingeschränkt sich in den Arbeitsmarkt integrieren. In diesen Fällen wäre es nicht vertretbar, die Familie oder die Sozialhilfe an Stelle der IV während Jahren trotz fehlender Eingliederungsmöglichkeiten bis zum Alter von 30 Jahren zu belasten. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Berentung muss für jede Person speziell entschieden werden. Es gilt individuell zu beurteilen, welche Massnahmen in der jeweiligen Situation zu treffen sind. Und es gilt, dies nicht nur einmal, sondern immer wieder neu zu tun. Die Türe zu einem selbstbestimmten Leben soll stets offen stehen. Sicher, das ist mit Kosten verbunden. Die Begleitung von psychisch Erkrankten verlangt Professionalität. Es ist ein Gebot des Respekts, Menschen in schwierigen Situationen darin zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Rente ist eine Stütze. Sie darf keine Sackgasse sein!

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