Bis Thusis verläuft die Reise im Nebel, doch dann öffnet sich der Himmel – und wir treffen auf 1600 Meter über Meer im bündnerischen Lohn bei Lisa Jankovics ein. Die Türe des Bauernhauses führt direkt in die Küche, ins Herz des Eventlokals. Links wartet eine Kiste mit gefrorenen Tannzapfen auf Verarbeitung, Köchin Lisa steht bereits am Herd und rührt in einem grossen Topf mit einer Kombucha-Kultur. «Das gibt dann eine Art Gummibärchen», verrät sie. Im Winter produziert sie für den Hofladen allerlei Köstlichkeiten und Getränke. Das Lokal öffnet erst Ende Februar wieder.
Die Küche ist nicht wie jede andere: Wir sind zu Gast bei Rebecca Clopath, die die Küche der Alpen neu ausgelotet hat. Lisa arbeitet seit über zwei Jahren in deren exklusivem Lokal, in dem ausschliesslich Zutaten aus dem Alpenraum die «Essenswahrnehmung» bestimmen – ein kulinarisches Abenteuer erster Güte. Und so kommt es, dass die Pilzkultur, die auf dem Herd köchelt und dem Raum eine feine, leicht säuerliche Note verleiht, zu einer Süssigkeit verarbeitet wird. Die Tannzapfen aus Wildernte wird Lisa Jankovics später für einen «Tannen-Sour» ansetzen, der dann im Frühling einem Mocktail eine besondere Note geben wird.
Wenn der Pfeffer fehlt
Für Lisa Jankovics ist klar, dass nur klimafreundlich isst, wer regionale Zutaten verarbeitet. «So kocht man automatisch saisonal, das ist das Wichtigste.» Also derzeit Kohl, Pastinaken, Chicorée und Randen? «Und eingelegtes oder fermentiertes Gemüse vom Sommer.»
Vermisst Lisa Jankovics in der Alpenküche weder Pfeffer noch Zimt? Die Beschränkung auf Zutaten aus dem Alpenraum ist für sie keine Einschränkung. «Ich lasse mich von der Natur leiten, werde kreativer und kaufe, was sinnvoll ist.» In ihren Augen empfiehlt sich diese Art der Küche gerade auch für Menschen, die keinen engen Bezug zur Natur haben. «So befasst du dich automatisch mehr mit deiner Umwelt», sagt das SP-Mitglied, das erst seit wenigen Jahren oberhalb der Nebelgrenze lebt.
Die Lehre zur Köchin hat sie im Spital in Rorschach absolviert, und der Weg zur Erlebnisgastronomie der Spitzenklasse führte sie durch die unterschiedlichsten Restaurants in der Schweiz mit einem kurzen Abstecher nach Deutschland. In der Freizeit spielt sie im Streichorchester von Thusis Geige, besucht Freund:innen oder verbringt Zeit mir der Familie. Der SP ist sie beigetreten, weil die Zukunft feministischer werden muss und die rechten Kräfte immer stärker werden. «Da braucht es einen gesunden Gegenspieler.»
Der Links-Redaktion tischt sie eine regionale Spezialität aus dem Rheintal auf, wo sie aufgewachsen ist: Ribelmais mit Kompott und Lupineninfusion. Der Ribel entfaltet in der Röstpfanne ein rundes Aroma, das wunderbar mit dem süss-sauren Kompott harmoniert. Seine Vollendung findet der feine Ribel, wenn man ihn in die Lupineninfusion tunkt und den Löffel erst dann zum Mund führt. En Guete!
Rheintaler Ribelmais mit Apfelkompott und Lupineninfusion
Rezept für 4 Personen
Zutaten
- 500 g Ribelmais
- 300 g Milch oder Hafermilch
- 300 g Wasser
- 1 TL Salz
- 2 – 4 EL Butter oder Rapsol
- 600 g Apfel, säuerlich
Zubereitung
Milch und Wasser aufkochen, salzen und Ribel zugedeckt 6 Stunden einweichen. Wenig Butter oder Rapsöl in einer Bratpfanne erwärmen, Ribel darin gold-braun rosten. Immer wieder ein bisschen Butter oder Öl beifügen, 10 bis 15 Minuten den Ribel mit der Holzkelle umrühren und weiterrosten (Ribeln). Salzen nach Belieben.
Apfelkompott
Apfel waschen, ganz im Ofen in einer Gratinform bei 180 Grad für 30 bis 40 Minuten schmoren. Leicht auskühlen, Schale und «Bitzgi» entfernen und mit einer Gabel zerstossen. Nach Belieben mit Birnel, Honig oder Zucker süssen. Es können auch andere Fruchte verwendet werden. Geeignet sind neben Äpfeln Chriesi, Zwetschgen, Aprikosen, Pfirsiche oder Birnen.
Lupineninfusion
- Lupine, geröstet und gemahlen
- Wasser
- Bialetti-Kaffeemaschine
Wasser in die Espressokanne geben, Filtersieb einlegen. Achtung: nur ⅔ der Menge von normalem Pulver in das Sieb füllen, nicht festdrücken. Bei mittlerer Hitze aufkochen lassen. Bon appetit!
Das Menü der Zukunft
Essen ist politisch. Die Art und Weise, wie wir uns ernähren, ist für rund einen Drittel der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Für unseren Fleischkonsum wird Regenwald abgeholzt und Soja angebaut, das den Tieren als Kraftfutter verfüttert wird. Ausserdem landet ein Teil der Ernte im Abfall. Am meisten Food Waste fällt in Privathaushalten an. Dagegen lässt sich etwas tun. Was sollen wir essen und wie können wir kochen, damit wir unseren CO2-Ausstoss reduzieren? Renommierte Köchinnen und Köche stellen in dieser Serie eines ihrer nachhaltigen Lieblingsrezepte vor.