Und dieses hat jetzt auch personelle Folgen: Konzernchefin Susanne Ruoff musste zurücktreten, die gesamte Geschäftsleitung der Postauto AG wurde freigestellt. Der frühere Post-Finanzchef trat im Aargau als Chef der Kantonalbank zurück. Und auch der bisherige Vizepräsident des Post-Verwaltungsrates sah mit einigen Tagen Verspätung ein, dass ein rascher Rücktritt angesagt ist. Bereits im Februar musste der Postauto-Chef Daniel Landolf gehen. Das Köpferollen ist wohl noch nicht zu Ende. Wer weiss denn schon, welche Verantwortlichkeiten die laufende Strafuntersuchung des Bundesamtes für Polizei noch an den Tag bringt? Zudem ist auch eine parlamentarische Untersuchung denkbar.
Wie konnte es so weit kommen? Hier müssen wir 20 Jahre zurückblenden. 1998 entstanden aus der Grundversorgerin PTT die profitgetriebenen «Schweizerische Post» und «Swisscom». Die Post wird ein öffentlicher Konzern mit Verwaltungsrat und Management und den drei Bereichen Post, Postauto und Postfinance. Die Swisscom kommt fast zur Hälfte an die Börse. Alle sollen Profit abwerfen.
Was waren die Folgen? Hunderte Stellen weg, für Tausende schlechtere Arbeitsbedingungen, hunderte Poststellen geschlossen, weniger Service für die Kundschaft. Gerade auch in unserer Region können wir ein trauriges Lied davon singen, welche Verwerfungen für Mitarbeitende und den Service public diese Profitgier zeigt. Auch das jetzt aufgeflogene Fehlverhalten bei der Postauto AG ist eine Folge dieses politischen Systemversagens. Warum? Der Bundesrat verlangt von den bundesnahen Betrieben Profit. Die jeweiligen Verwaltungsräte und Konzernspitzen geben diese sogenannten «strategischen Vorgaben» ungefiltert weiter.
Schliesslich hängen ihre Boni davon ab. Konkret im Fall Postauto: Mit 80 Prozent des Postauto-Umsatzes darf die Post offiziell zwar keinen Gewinn machen. Weil die Konzernleitung trotzdem Gewinn forderte, kam es zu einem «Zielkonflikt», wie es der geschasste Postautochef Landolf schon vor Jahren intern korrekt festhielt. Nicht korrekt – aber der vorgegebenen Profitlogik folgend – «löste» man diesen Konflikt, indem man Subventionen umleitete. Fehlanreize wurden durch Fehlverhalten «korrigiert».
Was ist jetzt zu tun? Die Post muss sich endlich wieder als Grundversorgerin verstehen, die hochwertige Leistung flächendeckend zu angemessenen Preisen anbietet – erbracht von Mitarbeitenden mit guten Arbeitsbedingungen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die SBB. Hier ist jetzt in erster Linie der Bundesrat gefordert, der es mit seinen strategischen Vorgaben in der Hand hat, die bundesnahen Betriebe vom Profitdiktat der letzten zwei Jahrzehnte zu befreien. Erste Schritte dazu wären die Deckelung der obersten Löhne auf 500’000 Franken. Post und SBB sind Infrastruktur. Sie müssen nicht auf Teufel komm raus rentieren, sie müssen funktionieren.
Denn, vergessen wir nicht: Die Betriebe gehören uns allen – sie sollten sich auch an den Interessen von uns allen ausrichten. Sollten Bundesrat und Parlament die Fehlentwicklungen der letzten 20 Jahre jetzt nicht rasch korrigieren, muss das Volk mit einer Initiative Ordnung schaffen.