Yvonne Zimmermann, Solifonds
In der Schweiz wird demnächst die neue Konzernverantwortungsinitiative eingereicht. Arbeiter:innen in Pakistan bereiten sich derweil darauf vor, das bestehende deutsche Lieferkettengesetz und die europäische Lieferkettenrichtlinie zu nutzen, um gegen Verletzungen von Arbeitsrechten vorzugehen. «Für uns im globalen Süden sind solche Gesetze sehr wichtig», sagen Nasir Mansoor vom pakistanischen Gewerkschaftsbund und Zehra Khan vom Verband der Heimarbeiter:innengewerkschaften.
In Pakistan stellen Millionen Arbeiter:innen unter schwierigsten Bedingungen Kleider für europäische Unternehmen her. 95 Prozent von ihnen haben keinen Arbeitsvertrag. Vor allem die Löhne von Frauen liegen systematisch unter den gesetzlich festgelegten Mindestlöhnen. Dank der Konzernverantwortungsgesetze in Europa, wo viele Textilunternehmen ihren Sitz haben, können die Gewerkschaften Druck ausüben, damit die Arbeiter:innen einen Arbeitsvertrag sowie den ihnen zustehenden Lohn erhalten und sich gewerkschaftlich organisieren können.
Bittere Erfahrung
Die Gewerkschafter Nasir Mansoor und Zehra Khan wissen aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn Opfer von Menschenrechtsverletzungen nicht gegen die verantwortlichen Unternehmen vorgehen können. Bei einem Fabrikbrand von Ali Enterprises starben 2012 über 260 Arbeiter:innen. Eine Vereinigung von Überlebenden und Hinterbliebenen klagte gegen den deutschen Textildiscounter KiK, den einzigen Auftraggeber der Textilfabrik. Das Verfahren wurde jedoch wegen Verjährung eingestellt.
«Es braucht eine gesetzliche Grundlage, damit die Opfer die verantwortlichen Unternehmen vor Gericht bringen können», sagt Nasir Mansoor. Zwar gehen die bestehenden Gesetze weniger weit, als sich die Gewerkschaft wünschen, denn sie decken nur grössere Fabriken ab und Heimarbeiter:innen fallen nicht darunter. Dennoch sind sie ein wichtiges Instrument im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen.
Wissen ist Macht
Damit die Arbeiter:innen ihre Rechte kennen und diese auch einfordern können, führen die beiden Gewerkschaften Trainings in exportorientierten Textilfabriken durch. Der Solifonds widmet die Unterstützungsaktion zum 1. Mai dieser Bildungsarbeit. Nur wenn die europäischen Gesetze zur Unternehmensverantwortung in den Ländern des Südens bekannt sind, können sie auch genutzt werden. «Internationale Solidarität ist zentral für unsere Arbeit, damit wir bei Arbeitsrechtsverletzungen gemeinsam gegen Unternehmen vorgehen können», sagt Zehra Khan.