«Ich habe grosse Angst um meine Eltern und meine drei Schwestern», erklärte Navid, Vertreter der afghanischen Gemeinschaft in der Schweiz, anlässlich der heutigen Medienkonferenz. «Nur schon hier zu sitzen und davon zu erzählen, kostet mich viel Überwindung. Das letzte, was ich möchte, ist meine Familie in Afghanistan durch meinen Auftritt in der Öffentlichkeit noch mehr in Gefahr zu bringen. Am Montag sind die Taliban beim Haus meiner Familie vorbei gegangen, um meinen Vater mitzunehmen. Er war zum Glück nicht zuhause, muss sich jetzt aber verstecken. Die Menschen in Afghanistan brauchen dringen Hilfe! Gerade die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition darf nicht wegschauen und muss Verantwortung übernehmen. Sie darf nicht einfach dabei zusehen, wie meine Eltern, meine Schwestern und alle anderen gefährdeten Menschen schutzlos den Taliban ausgeliefert werden.»
«Wir haben keinerlei Verständnis für die Tatenlosigkeit des Bundesrats», ergänzt Mattea Meyer, Nationalrätin (ZH) und Co-Präsidentin der SP Schweiz. «Hier in der Schweiz bangen tausende Afghan:innen um ihre Familien. Gemeinsam mit ihnen, den Unterzeichner:innen und den aufnahmewilligen Städten erwarten wir, dass der Bundesrat alles Mögliche unternimmt um zu helfen.»
Ada Marra, Nationalrätin (VD) und Vizepräsidentin der SP Schweiz, zeigte sich enttäuscht ab der abwartenden und zurückhaltenden Position der beiden FDP-Bundesräte. «Diese Haltung bildet die Stimmung in der Bevölkerung in keiner Weise ab.» Eine grosszügigere Politik insbesondere gegenüber besonders gefährdeten Gruppen wäre nicht nur Ausdruck einer humanitären Haltung, sondern würde auch erlauben, die gesamten Verfahren neu zu regeln, was eine pendente Aufgabe der EJPD-Vorsteherin ist.
Lea Hungerbühler, Präsidentin von AsyLex, informierte weiter: «Wir erhalten täglich unzählige Anfragen verzweifelter Menschen mit Familienmitgliedern und Freunden in Afghanistan, deren Situation unerträglich ist. Die Reaktion des Bundesrates ist beschämend für ein Land wie die Schweiz. Warten wir nicht länger, nehmen wir unsere humanitäre Verantwortung wahr. Die Schweiz ist bereit. Die grossen Städte wollen helfen, die Bevölkerung will helfen.»
Zum Schluss wies Balthasar Glättli, Nationalrat (ZH) und Präsident der Grünen Schweiz, darauf hin, dass wir auch die Afghan:innen, die bereits in der Schweiz leben, unterstützen müssen: «Die oft prekäre Situation der Menschen aus Afghanistan in der Schweiz muss verbessert werden. Wir fordern, dass alle aktuell in der Schweiz lebenden Menschen aus Afghanistan einen sicheren und dauerhaften Aufenthaltsstatus erhalten, und dass der Bundesrat alles unternimmt, damit auch ihre Familie in die Schweiz kommen können.»
Die Schweiz kann und muss angesichts der Krise in Afghanistan endlich handeln. Unser Appell ist gleichzeitig Aufruf und Erinnerung an den Bundesrat, seine politische Verantwortung wahrzunehmen.
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