Leidet die Wirtschaftselite an gesellschaftlichem Autismus?

Jacqueline Fehr, NationalrätinZH, Vizepräsidentin SP Schweiz

Jacqueline Fehr, NationalrätinZH, Vizepräsidentin SP Schweiz
Ruedi Noser ist kein Arzt. Zum Glück. Denn Diagnosen zu stellen, ist ganz offensichtlich nicht seine Stärke. Der freisinnige Zürcher Nationalrat sieht das Erfolgsmodell Schweiz in Gefahr. Schuld daran sei die SP mit ihren Forderungen für eine Lohnobergrenze mit der 1:12-Initiative oder für einen gesetzlichen Mindestlohn oder für eine Erbschaftssteuer. Mit diesen Vorschlägen habe die SP «dem Erfolgsmodell Schweiz den Krieg» erklärt. Dieser Krieg könne, so Noser, nur mit einem neuen Wirtschaftsclub gewonnen werden. Der Economiesuisse, die jüngst acht Millionen Franken in die eigene Imagevernichtung gesteckt hat, traut Noser offenbar gar nichts mehr zu. Noser selber will das Gesicht der neuen Vereinigung unter dem Namen SuccèSuisse sein und damit die «verantwortungsbewussten Manager» verkörpern.

Verantwortungsbewusst? Ich mag mich erinnern, dass Noser in der Debatte über die 1:12-Initiative einen Lohn von 500’000 Franken als Trinkgeld bezeichnet hat. Oder sich in weiteren Interviews zur Behauptung hinreissen liess, die 1:12-Initiative würde die Schweiz nach «Nordkorea» oder in den «Kommunismus» führen. Mit solchen Polemiken will Noser das Erfolgsmodell Schweiz retten, wie er das Ziel des neuen Clubs beschrieben hat. Man reibt sich ob dieser abstrusen Therapie die Augen. Und was ist mit den Millionenzahlungen bei Unternehmensverlusten? Oder mit den Steuerreformen, die es möglich machen, dass jemand wie Glasenberg dreistellige Millionenbeträge als Dividenden steuerfrei und an der AHV vorbei in die eigene Tasche stecken kann? Will dieser neue Club SuccèSuisse den Menschen in unserem Land tatsächlich weismachen, dass dieser Neofeudalismus mit dem Erfolgsmodell Schweiz etwas zu tun hat? Manch ein alter Freisinniger dürfte sich im Grab umdrehen und sich fragen, wie es kommen konnte, dass die aktuelle Wirtschaftselite dermassen an gesellschaftlichem Autismus leidet.

Es gab eine Zeit, als auch Freisinnige wussten, dass zu einer freien Gesellschaft auch Gerechtigkeit, Anstand und Masshalten der Elite gehören. Im 19. Jahrhundert kämpften die Väter der heutigen FDP selber gegen eine abgehobene Kaste von reichen Adligen, die dem Volk eine echte Demokratie vorenthalten wollte. Und in den 80ern, als sich die FDP noch nicht durch und durch der US-amerikanisch geprägten «Geld ist Geil»-Ideologie verschrieben hatte, verdienten die Vorgänger der heutigen Manager deutlich unterhalb der heute als «kommunistisch» verunglimpften 1:12-Regel. 1984 lag die Lohnbandbreite zwischen einem Durchschnittslohn und einem Topmanagerlohn im Schnitt noch bei 1:6, 1998 lag sie bei 1:13 bis die Lohnschere dann unter dem Diktat der neoliberalen Ideologie explodierte: Sie liegt heute nach neusten Zahlen beim unvorstellbaren Verhältnis von 1:93!

Nicht wer solches bekämpft, sondern wer solches zulässt, gefährdet das Erfolgsmodell Schweiz. Wer Freiheit will, muss auch Gerechtigkeit gewährleisten. Die Menschen in diesem Land sind zur Recht nicht bereit, täglich mehr zu leisten und dabei zuzuschauen, wie die Früchte ihrer Anstrengungen immer einseitiger verteilt werden. Spätestens bei den Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit wird das Volk der Politik die Rote Karte zeigen, wenn sie es nicht vorher versteht, die flankierenden Massnahmen auszubauen. Damit die Menschen in der Schweiz einer Politik der Öffnung weiterhin folgen, müssen deren Vorteile allen und nicht nur ein paar wenigen globalisierten Managern zukommen.

Der Erfolg der Schweiz liegt im Miteinander und nicht im alle gegen alle. Gebaut wurde das Land durch die gemeinsame Arbeit aller: der Pöstler, der Verkäuferinnen, der Künstlerinnen, der Handwerker, der Informatikerinnen, der Väter, der Mütter, der freiwillig Engagierten, der Bäuerinnen, der Ärzte und ja, auch durch viele umsichtige Unternehmer und Manager. Und so zeigt ein vorurteilsfreier Blick: Die 1:12-Initiative wird die Schweiz nicht gefährden, sondern stärken. Denn sie fordert genau das, was unser Land erfolgreich gemacht hat: Anstand statt Gier.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed

Du hast Fragen zur Mitgliedschaft oder dem Mitgliedschaftsformular? Wir helfen gerne.

Häufige Fragen

Am einfachsten, indem Du online das Beitrittsformular nebenan ausfüllst.

Du kannst selbst entscheiden, welches Engagement für Dich am besten passt.

  • Wenn Du wenig Zeit hast, ist es absolut in Ordnung, wenn Dein Engagement sich vor allem darauf beschränkt, Deinen Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Auch das hilft uns sehr, um die Schweiz und die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
  • Die Sektion, bei welcher Du Mitglied bist, wird Dich eventuell hin und wieder anfragen, ob Du Zeit hättest, bei einer Standaktion, einer Unterschriftensammlung oder einer Telefonaktion mitzumachen. Falls Dir das zusagt, sind wir sehr froh darüber – aber es ist natürlich völlig freiwillig.
  • Die meisten Sektionen führen regelmässig Mitgliederversammlungen durch, um die aktuellsten politischen Themen und Aktivitäten zu besprechen. Die Teilnahme daran ist natürlich ebenfalls völlig freiwillig. Aber es kann ein guter Ort sein, um neue Leute kennenzulernen.
  • Falls Dich ein Themengebiet besonders bewegt, kannst Du Dich in einer Themenkommission der SP Schweiz oder Deiner Kantonalpartei engagieren, oder in einer der Unterorganisationen wie den SP Frauen, den SP Migrant:innen, der SP 60+ oder der SP queer.
  • Häufig gibt es auch die Möglichkeit, ein partei-internes Amt, z.B. im Vorstand Deiner Sektion zu übernehmen.
  • Falls Du das möchtest, kannst Du mit Deiner Sektion auch Kontakt aufnehmen, um über eine Kandidatur für eine öffentliches Amt zu sprechen, z.B. in der Schulpflege Deines Wohnortes.

Um unsere Werte verteidigen zu können, braucht es finanzielle Mittel. Die SP ist eine Mitgliederpartei und schöpft ihre Stärke aus dem Engagement ihrer Mitglieder.
Die Mitgliederbeiträge werden von den Kantonalparteien und den Sektionen unterschiedlich festgelegt und sind abhängig von Deinem steuerbaren Einkommen. Wir folgen unseren eigenen politischen Forderungen: Wer wenig verdient, bezahlt wenig, und wer viel verdient, beteiligt sich mehr an den Kosten von Partei und Politik.
In der Regel fallen jährlich je nach Einkommen Kosten zwischen circa 80 und einigen Hundert Franken an. Die Mitgliederbeiträge werden jährlich erhoben.

Ja, selbstverständlich! Du kannst der SP beitreten, ohne den Schweizer Pass zu haben. Denn alle Menschen, die in der Schweiz leben, sollen in der Politik mitdiskutieren können.

Du hast verschiedene Möglichkeiten, Dich einzubringen. Wenn Du an Deinem Wohnort aktiv werden möchtest, wendest Du Dich am besten an die Sektion Deiner Gemeinde oder Deines Quartiers. Diese ist auch die richtige Anlaufstelle für den Einsatz in einem öffentlichen Amt (Gemeinderat, Schulpflege, Sozialbehörde…).
Du kannst Dein Wissen und Können auch innerhalb der Partei einbringen. Die SP sucht immer Leute, die sich in der Parteiorganisation engagieren (Gemeinde, Bezirk, Kanton, Themenkommissionen).

Melde Dein Interesse bei den Verantwortlichen Deiner Ortssektion an. Die Sektion nominiert SP-Kandidierende für öffentliche Ämter, sei dies für den Gemeinderat oder die lokalen Schul-, Sozial- oder Finanzbehörden. Die Ortssektion bildet oft auch für Ämter auf übergeordneter Ebene (Kantons- oder Grossrat) den Ausgangspunkt des parteiinternen Nominationsprozesses.

Abgesehen von der Zahlung des jährlichen Mitgliederbeitrags gehst Du keine Verpflichtungen ein. Voraussetzung für den Beitritt ist eine inhaltliche Nähe. Dies bedingt jedoch nicht, dass Du in allen Fragen mit der SP gleicher Meinung sein musst.

Die Statuten der SP Schweiz verbieten die gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren Schweizer Parteien.
Doppelbürger:innen können Mitglied der SP Schweiz und Mitglied einer ausländischen Schwesterpartei sein, beispielsweise der deutschen SPD oder des italienischen Partito Democratico. Die Mitgliedschaft bei der SP Schweiz ist für Angehörige von Schwesterparteien gratis, sofern sie belegen können, dass sie in ihrem Heimatland Mitgliederbeiträge an eine Sozialdemokratische Partei entrichten.

Ja. Auch im Ausland kannst du dich als Mitglied der SP Schweiz in die Politik einbringen. Wenn Du Deinen Wohnsitz im Ausland hast, wirst du automatisch Mitglied der SP International.

Für JUSO-Mitglieder besteht bis zum Alter von 26 Jahren die Möglichkeit einer kostenlosen SP-Mitgliedschaft. Ein entsprechender Antrag kann per Mail an [email protected] gestellt werden.

Das bietet Dir die SP

Was Du von der SP erwarten darfst.

Du bist nah dran an der Politik: Wir schicken Dir unsere Aufrufe, Newsletter sowie sechs Mal jährlich unser Mitgliedermagazin „links“. Du kannst Dich mit Gleichgesinnten vernetzen.

Du kannst von andern lernen und Dich mit Deinem Wissen und Können auf verschiedenen Ebenen in der Partei einbringen.
Gemeinsam schaffen wir eine bessere Zukunft!

Keine Demokratie ohne Bildung. Wir bieten Dir Webinare und Seminare zu Hintergrundwissen und aktuellen politischen Themen.